Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 1. Riga, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

weniger erlesenen Freunde, und wählte
sich eine andre noch einsamere Ergötzung,
die er unausgesetzt, obwohl sehr regel-
mäßig trieb, ja die ihm bald so unent-
behrlich ward, als den Morgenländern
das Opium --

A. Sie meynen die Lectüre?

B. Die Lectüre und Schriftstellerei; das
Lesen und Schreiben; beide sind von
einander auch vielleicht unzertrennlich.
Durchs Schreiben lernt man lesen und
hören; durchs Hören lernt man schreiben,
und wird dazu getrieben, begeistert.

A. Ob das aber einen Regenten nicht zu
sehr
zerstreuen möchte? Kaiser und
Autor!

B. Autor muß ein Kaiser und jeder Regent
unausbleiblich werden, indem er Gesetze,
Verordnungen bekannt macht. Soll er
also nur vor fremde Werke seinen Namen

I

weniger erleſenen Freunde, und waͤhlte
ſich eine andre noch einſamere Ergoͤtzung,
die er unausgeſetzt, obwohl ſehr regel-
maͤßig trieb, ja die ihm bald ſo unent-
behrlich ward, als den Morgenlaͤndern
das Opium —

A. Sie meynen die Lectuͤre?

B. Die Lectuͤre und Schriftſtellerei; das
Leſen und Schreiben; beide ſind von
einander auch vielleicht unzertrennlich.
Durchs Schreiben lernt man leſen und
hoͤren; durchs Hoͤren lernt man ſchreiben,
und wird dazu getrieben, begeiſtert.

A. Ob das aber einen Regenten nicht zu
ſehr
zerſtreuen moͤchte? Kaiſer und
Autor!

B. Autor muß ein Kaiſer und jeder Regent
unausbleiblich werden, indem er Geſetze,
Verordnungen bekannt macht. Soll er
alſo nur vor fremde Werke ſeinen Namen

I
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0136" n="129"/>
weniger erle&#x017F;enen <hi rendition="#g">Freunde</hi>, und wa&#x0364;hlte<lb/>
&#x017F;ich eine andre noch ein&#x017F;amere Ergo&#x0364;tzung,<lb/>
die er unausge&#x017F;etzt, obwohl &#x017F;ehr regel-<lb/>
ma&#x0364;ßig trieb, ja die ihm bald &#x017F;o unent-<lb/>
behrlich ward, als den Morgenla&#x0364;ndern<lb/>
das Opium &#x2014;</p><lb/>
          <p>A. Sie meynen die Lectu&#x0364;re?</p><lb/>
          <p>B. Die Lectu&#x0364;re und Schrift&#x017F;tellerei; das<lb/>
Le&#x017F;en und Schreiben; beide &#x017F;ind von<lb/>
einander auch vielleicht unzertrennlich.<lb/>
Durchs Schreiben lernt man le&#x017F;en und<lb/>
ho&#x0364;ren; durchs Ho&#x0364;ren lernt man &#x017F;chreiben,<lb/>
und wird dazu getrieben, begei&#x017F;tert.</p><lb/>
          <p>A. Ob das aber einen Regenten nicht <hi rendition="#g">zu<lb/>
&#x017F;ehr</hi> zer&#x017F;treuen mo&#x0364;chte? Kai&#x017F;er und<lb/>
Autor!</p><lb/>
          <p>B. Autor muß ein Kai&#x017F;er und jeder Regent<lb/>
unausbleiblich werden, indem er Ge&#x017F;etze,<lb/>
Verordnungen bekannt macht. Soll er<lb/>
al&#x017F;o nur vor fremde Werke &#x017F;einen Namen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">I</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0136] weniger erleſenen Freunde, und waͤhlte ſich eine andre noch einſamere Ergoͤtzung, die er unausgeſetzt, obwohl ſehr regel- maͤßig trieb, ja die ihm bald ſo unent- behrlich ward, als den Morgenlaͤndern das Opium — A. Sie meynen die Lectuͤre? B. Die Lectuͤre und Schriftſtellerei; das Leſen und Schreiben; beide ſind von einander auch vielleicht unzertrennlich. Durchs Schreiben lernt man leſen und hoͤren; durchs Hoͤren lernt man ſchreiben, und wird dazu getrieben, begeiſtert. A. Ob das aber einen Regenten nicht zu ſehr zerſtreuen moͤchte? Kaiſer und Autor! B. Autor muß ein Kaiſer und jeder Regent unausbleiblich werden, indem er Geſetze, Verordnungen bekannt macht. Soll er alſo nur vor fremde Werke ſeinen Namen I

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet01_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet01_1793/136
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 1. Riga, 1793, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet01_1793/136>, abgerufen am 21.11.2024.