Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 1. Riga, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

B. Oder billiger, als die Freiheit, die er
der Büchercensur gab?

A. Oder pflichtmäßiger, als daß er die
Klöster verminderte, und den Unterricht
des Volks vermehrte?

B. Oder rühmlicher, als daß er alle Re-
ligionspartheien vor Bedrückungen schütz-
te? Aber, m. Fr., wer hätte ihm bei
diesem Allen die Hände binden können?

A. Sie kennen die Hyder nicht!

B. Wenn der Kaiser es unverrückt ge-
wollt, wenn er bei jedem Schritt, den
er thun wollte, die Folgen überdacht,
die Auskunft gegen sie zum voraus be-
stimmt, so viel möglich, alle Aergerniße
vermieden, sodann aber auch ruhig den
Bann oder das Interdict erwartet hätte.

A. Dazu wäre es wohl nie gekommen; die
innern Verdrießlichkeiten und Unordnun-
gen aber waren desto größer.

B. Oder billiger, als die Freiheit, die er
der Buͤchercenſur gab?

A. Oder pflichtmaͤßiger, als daß er die
Kloͤſter verminderte, und den Unterricht
des Volks vermehrte?

B. Oder ruͤhmlicher, als daß er alle Re-
ligionspartheien vor Bedruͤckungen ſchuͤtz-
te? Aber, m. Fr., wer haͤtte ihm bei
dieſem Allen die Haͤnde binden koͤnnen?

A. Sie kennen die Hyder nicht!

B. Wenn der Kaiſer es unverruͤckt ge-
wollt, wenn er bei jedem Schritt, den
er thun wollte, die Folgen uͤberdacht,
die Auskunft gegen ſie zum voraus be-
ſtimmt, ſo viel moͤglich, alle Aergerniße
vermieden, ſodann aber auch ruhig den
Bann oder das Interdict erwartet haͤtte.

A. Dazu waͤre es wohl nie gekommen; die
innern Verdrießlichkeiten und Unordnun-
gen aber waren deſto groͤßer.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0147" n="140"/>
          <p>B. Oder billiger, als die Freiheit, die er<lb/>
der Bu&#x0364;chercen&#x017F;ur gab?</p><lb/>
          <p>A. Oder pflichtma&#x0364;ßiger, als daß er die<lb/>
Klo&#x0364;&#x017F;ter verminderte, und den Unterricht<lb/>
des Volks vermehrte?</p><lb/>
          <p>B. Oder ru&#x0364;hmlicher, als daß er alle Re-<lb/>
ligionspartheien vor Bedru&#x0364;ckungen &#x017F;chu&#x0364;tz-<lb/>
te? Aber, m. Fr., wer ha&#x0364;tte ihm bei<lb/>
die&#x017F;em Allen die Ha&#x0364;nde binden ko&#x0364;nnen?</p><lb/>
          <p>A. Sie kennen die Hyder nicht!</p><lb/>
          <p>B. Wenn der Kai&#x017F;er es <hi rendition="#g">unverru&#x0364;ckt</hi> ge-<lb/>
wollt, wenn er bei jedem Schritt, den<lb/>
er thun wollte, die Folgen u&#x0364;berdacht,<lb/>
die Auskunft gegen &#x017F;ie zum voraus be-<lb/>
&#x017F;timmt, &#x017F;o viel mo&#x0364;glich, alle Aergerniße<lb/>
vermieden, &#x017F;odann aber auch ruhig den<lb/>
Bann oder das Interdict erwartet ha&#x0364;tte.</p><lb/>
          <p>A. Dazu wa&#x0364;re es wohl nie gekommen; die<lb/>
innern Verdrießlichkeiten und Unordnun-<lb/>
gen aber waren de&#x017F;to gro&#x0364;ßer.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0147] B. Oder billiger, als die Freiheit, die er der Buͤchercenſur gab? A. Oder pflichtmaͤßiger, als daß er die Kloͤſter verminderte, und den Unterricht des Volks vermehrte? B. Oder ruͤhmlicher, als daß er alle Re- ligionspartheien vor Bedruͤckungen ſchuͤtz- te? Aber, m. Fr., wer haͤtte ihm bei dieſem Allen die Haͤnde binden koͤnnen? A. Sie kennen die Hyder nicht! B. Wenn der Kaiſer es unverruͤckt ge- wollt, wenn er bei jedem Schritt, den er thun wollte, die Folgen uͤberdacht, die Auskunft gegen ſie zum voraus be- ſtimmt, ſo viel moͤglich, alle Aergerniße vermieden, ſodann aber auch ruhig den Bann oder das Interdict erwartet haͤtte. A. Dazu waͤre es wohl nie gekommen; die innern Verdrießlichkeiten und Unordnun- gen aber waren deſto groͤßer.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet01_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet01_1793/147
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 1. Riga, 1793, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet01_1793/147>, abgerufen am 09.11.2024.