Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 1. Riga, 1793.B. Aus Vielen führe ich nur wenige an; A. Und doch kannte Joseph mehrere dieser B. Um so mehr ists zu verwundern, daß er B. Aus Vielen fuͤhre ich nur wenige an; A. Und doch kannte Joſeph mehrere dieſer B. Um ſo mehr iſts zu verwundern, daß er <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0153" n="146"/> <p>B. Aus Vielen fuͤhre ich nur wenige an;<lb/> zuerſt das Vorurtheil der <hi rendition="#g">Sprache</hi>. Hat<lb/> wohl ein Volk, zumal ein uncultivirtes<lb/> Volk etwas Lieberes, als die Sprache<lb/> ſeiner Vaͤter? In ihr wohnet ſein ganzer<lb/> Gedankenreichthum an Tradition, Ge-<lb/> ſchichte, Religion und Grundſaͤtzen des<lb/> Lebens, alle ſein Herz und Seele. Einem<lb/> ſolchen Volk ſeine Sprache nehmen oder<lb/> herabwuͤrdigen, heißt ihm ſein einziges<lb/> unſterbliches Eigenthum nehmen, das<lb/> von Eltern auf Kinder fortgeht.</p><lb/> <p>A. Und doch kannte Joſeph mehrere dieſer<lb/> Voͤlker perſoͤnlich und ſehr genau.</p><lb/> <p>B. Um ſo mehr iſts zu verwundern, daß er<lb/> den Eingriff nicht wahrnahm, den er ſich<lb/> damit in ihre beliebteſten Rechte erlaubte.<lb/> „Wer mir meine Sprache verdraͤngt,<lb/> (glaubt der Idiot nicht ungruͤndlich,) will<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [146/0153]
B. Aus Vielen fuͤhre ich nur wenige an;
zuerſt das Vorurtheil der Sprache. Hat
wohl ein Volk, zumal ein uncultivirtes
Volk etwas Lieberes, als die Sprache
ſeiner Vaͤter? In ihr wohnet ſein ganzer
Gedankenreichthum an Tradition, Ge-
ſchichte, Religion und Grundſaͤtzen des
Lebens, alle ſein Herz und Seele. Einem
ſolchen Volk ſeine Sprache nehmen oder
herabwuͤrdigen, heißt ihm ſein einziges
unſterbliches Eigenthum nehmen, das
von Eltern auf Kinder fortgeht.
A. Und doch kannte Joſeph mehrere dieſer
Voͤlker perſoͤnlich und ſehr genau.
B. Um ſo mehr iſts zu verwundern, daß er
den Eingriff nicht wahrnahm, den er ſich
damit in ihre beliebteſten Rechte erlaubte.
„Wer mir meine Sprache verdraͤngt,
(glaubt der Idiot nicht ungruͤndlich,) will
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