Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 2. Riga, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

Er. Ich verstehe dich wohl. Seitdem die
Buchdruckerei ihre Worte und Zeichen
in alle Welt sendet, sollte es, meynst du,
keine geheime Worte und Zeichen mehr
geben. Indeßen stiftet auch die Buch-
druckerei nur eine idealische Gesellschaft.

Ich. Wie es in diesen Dingen seyn muß.
Ueber Grundsätze können sich nur Geister
einander erklären; die Zusammenkunft
der Körper ist sehr entbehrlich, wenn sie
nicht zugleich auch meistens sehr zer-
streuend und verführerisch wäre. Im
Umgange mit Geistern auf Fausts Man-
tel bleibt meine Seele frei; sie kann jedes
Wort, jedes Bild prüfen.

Er. Und sie heben dich über alle Vorur-
theile der Staaten, der Religion, der
Stände?


K 2

Er. Ich verſtehe dich wohl. Seitdem die
Buchdruckerei ihre Worte und Zeichen
in alle Welt ſendet, ſollte es, meynſt du,
keine geheime Worte und Zeichen mehr
geben. Indeßen ſtiftet auch die Buch-
druckerei nur eine idealiſche Geſellſchaft.

Ich. Wie es in dieſen Dingen ſeyn muß.
Ueber Grundſaͤtze koͤnnen ſich nur Geiſter
einander erklaͤren; die Zuſammenkunft
der Koͤrper iſt ſehr entbehrlich, wenn ſie
nicht zugleich auch meiſtens ſehr zer-
ſtreuend und verfuͤhreriſch waͤre. Im
Umgange mit Geiſtern auf Fauſts Man-
tel bleibt meine Seele frei; ſie kann jedes
Wort, jedes Bild pruͤfen.

Er. Und ſie heben dich uͤber alle Vorur-
theile der Staaten, der Religion, der
Staͤnde?


K 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0152" n="147"/>
        <p><hi rendition="#g">Er</hi>. Ich ver&#x017F;tehe dich wohl. Seitdem die<lb/>
Buchdruckerei <hi rendition="#g">ihre</hi> Worte und Zeichen<lb/>
in alle Welt &#x017F;endet, &#x017F;ollte es, meyn&#x017F;t du,<lb/>
keine geheime Worte und Zeichen mehr<lb/>
geben. Indeßen &#x017F;tiftet auch die Buch-<lb/>
druckerei nur eine ideali&#x017F;che Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Ich</hi>. Wie es in die&#x017F;en Dingen &#x017F;eyn muß.<lb/>
Ueber Grund&#x017F;a&#x0364;tze ko&#x0364;nnen &#x017F;ich nur Gei&#x017F;ter<lb/>
einander erkla&#x0364;ren; die Zu&#x017F;ammenkunft<lb/>
der Ko&#x0364;rper i&#x017F;t &#x017F;ehr entbehrlich, wenn &#x017F;ie<lb/>
nicht zugleich auch mei&#x017F;tens &#x017F;ehr zer-<lb/>
&#x017F;treuend und verfu&#x0364;hreri&#x017F;ch wa&#x0364;re. Im<lb/>
Umgange mit Gei&#x017F;tern auf Fau&#x017F;ts Man-<lb/>
tel bleibt meine Seele frei; &#x017F;ie kann jedes<lb/>
Wort, jedes Bild pru&#x0364;fen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Er</hi>. Und &#x017F;ie heben dich u&#x0364;ber alle Vorur-<lb/>
theile der Staaten, der Religion, der<lb/>
Sta&#x0364;nde?</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">K 2</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[147/0152] Er. Ich verſtehe dich wohl. Seitdem die Buchdruckerei ihre Worte und Zeichen in alle Welt ſendet, ſollte es, meynſt du, keine geheime Worte und Zeichen mehr geben. Indeßen ſtiftet auch die Buch- druckerei nur eine idealiſche Geſellſchaft. Ich. Wie es in dieſen Dingen ſeyn muß. Ueber Grundſaͤtze koͤnnen ſich nur Geiſter einander erklaͤren; die Zuſammenkunft der Koͤrper iſt ſehr entbehrlich, wenn ſie nicht zugleich auch meiſtens ſehr zer- ſtreuend und verfuͤhreriſch waͤre. Im Umgange mit Geiſtern auf Fauſts Man- tel bleibt meine Seele frei; ſie kann jedes Wort, jedes Bild pruͤfen. Er. Und ſie heben dich uͤber alle Vorur- theile der Staaten, der Religion, der Staͤnde? K 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet02_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet02_1793/152
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 2. Riga, 1793, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet02_1793/152>, abgerufen am 09.11.2024.