Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 2. Riga, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

kennen soll, geschweige, daß er ihn durch
Eidschwüre, durch Gesetze und Symbole
bände.

Er. Du bist auf dem rechten Wege; auf
ihm giebt es freie Arbeit. Kein wahres
Licht läßt sich verbergen, wenn man es
auch verbergen wollte; und das reinste
Licht sucht man nicht eben in den Grüften.

Ich. Alle solche Symbole mögen einst gut
und nothwendig gewesen seyn; sie sind
aber, wie mich dünkt, nicht mehr für un-
sre Zeiten. Für unsre Zeiten ist gerade das
Gegentheil ihrer Methode nöthig, rei-
ne, helle, offenbare Wahrheit.

Er. Ich wünsche dir Glück. Glaubst du
aber nicht, daß man auch dem Wort
Humanität einen Fleck anhängen
werde?


K 5

kennen ſoll, geſchweige, daß er ihn durch
Eidſchwuͤre, durch Geſetze und Symbole
baͤnde.

Er. Du biſt auf dem rechten Wege; auf
ihm giebt es freie Arbeit. Kein wahres
Licht laͤßt ſich verbergen, wenn man es
auch verbergen wollte; und das reinſte
Licht ſucht man nicht eben in den Gruͤften.

Ich. Alle ſolche Symbole moͤgen einſt gut
und nothwendig geweſen ſeyn; ſie ſind
aber, wie mich duͤnkt, nicht mehr fuͤr un-
ſre Zeiten. Fuͤr unſre Zeiten iſt gerade das
Gegentheil ihrer Methode noͤthig, rei-
ne, helle, offenbare Wahrheit.

Er. Ich wuͤnſche dir Gluͤck. Glaubſt du
aber nicht, daß man auch dem Wort
Humanitaͤt einen Fleck anhaͤngen
werde?


K 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0158" n="153"/>
kennen &#x017F;oll, ge&#x017F;chweige, daß er ihn durch<lb/>
Eid&#x017F;chwu&#x0364;re, durch Ge&#x017F;etze und Symbole<lb/>
ba&#x0364;nde.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Er</hi>. Du bi&#x017F;t auf dem rechten Wege; auf<lb/>
ihm giebt es <hi rendition="#g">freie</hi> Arbeit. Kein wahres<lb/>
Licht la&#x0364;ßt &#x017F;ich verbergen, wenn man es<lb/>
auch verbergen wollte; und das rein&#x017F;te<lb/>
Licht &#x017F;ucht man nicht eben in den Gru&#x0364;ften.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Ich</hi>. Alle &#x017F;olche Symbole mo&#x0364;gen ein&#x017F;t gut<lb/>
und nothwendig gewe&#x017F;en &#x017F;eyn; &#x017F;ie &#x017F;ind<lb/>
aber, wie mich du&#x0364;nkt, nicht mehr fu&#x0364;r un-<lb/>
&#x017F;re Zeiten. Fu&#x0364;r un&#x017F;re Zeiten i&#x017F;t gerade das<lb/>
Gegentheil ihrer Methode no&#x0364;thig, <hi rendition="#g">rei</hi>-<lb/><hi rendition="#g">ne</hi>, <hi rendition="#g">helle</hi>, <hi rendition="#g">offenbare Wahrheit</hi>.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Er</hi>. Ich wu&#x0364;n&#x017F;che dir Glu&#x0364;ck. Glaub&#x017F;t du<lb/>
aber nicht, daß man auch dem Wort<lb/><hi rendition="#g">Humanita&#x0364;t</hi> einen Fleck anha&#x0364;ngen<lb/>
werde?</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">K 5</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0158] kennen ſoll, geſchweige, daß er ihn durch Eidſchwuͤre, durch Geſetze und Symbole baͤnde. Er. Du biſt auf dem rechten Wege; auf ihm giebt es freie Arbeit. Kein wahres Licht laͤßt ſich verbergen, wenn man es auch verbergen wollte; und das reinſte Licht ſucht man nicht eben in den Gruͤften. Ich. Alle ſolche Symbole moͤgen einſt gut und nothwendig geweſen ſeyn; ſie ſind aber, wie mich duͤnkt, nicht mehr fuͤr un- ſre Zeiten. Fuͤr unſre Zeiten iſt gerade das Gegentheil ihrer Methode noͤthig, rei- ne, helle, offenbare Wahrheit. Er. Ich wuͤnſche dir Gluͤck. Glaubſt du aber nicht, daß man auch dem Wort Humanitaͤt einen Fleck anhaͤngen werde? K 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet02_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet02_1793/158
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 2. Riga, 1793, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet02_1793/158>, abgerufen am 04.12.2024.