Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 2. Riga, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

die einzige erlaubte Leidenschaft ist fürs ge-
meine Beste. So dachte Mark-Aurel, und
so soll jeder Regent denken, der seine Pflicht
erfüllen will.



"Die Regierung in Pensylvanien, wie
sie jetzt eingerichtet ist, gefällt Euch; sie ist
nur Ein Jahrhundert alt, laßt sie noch
fünf oder sechs Jahrhunderte fortdauren,
und Ihr kennet sie nicht mehr. So wahr
ist es, daß Unbestand eines der beständig-
sten Gesetze der Welt sey. Laß Philosophen
die weiseste Regierung gründen; sie wird
dasselbe Schicksal haben; und sind die Phi-
losophen vor Irrthum immer gesichert ge-
wesen? Sie haben ihn selbst oft auf die
Bahn gebracht, wie des Aristoteles sub-
stantielle Formen, der Galimathias des

die einzige erlaubte Leidenſchaft iſt fuͤrs ge-
meine Beſte. So dachte Mark-Aurel, und
ſo ſoll jeder Regent denken, der ſeine Pflicht
erfuͤllen will.



„Die Regierung in Penſylvanien, wie
ſie jetzt eingerichtet iſt, gefaͤllt Euch; ſie iſt
nur Ein Jahrhundert alt, laßt ſie noch
fuͤnf oder ſechs Jahrhunderte fortdauren,
und Ihr kennet ſie nicht mehr. So wahr
iſt es, daß Unbeſtand eines der beſtaͤndig-
ſten Geſetze der Welt ſey. Laß Philoſophen
die weiſeſte Regierung gruͤnden; ſie wird
daſſelbe Schickſal haben; und ſind die Phi-
loſophen vor Irrthum immer geſichert ge-
weſen? Sie haben ihn ſelbſt oft auf die
Bahn gebracht, wie des Ariſtoteles ſub-
ſtantielle Formen, der Galimathias des

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0081" n="76"/>
die einzige erlaubte Leiden&#x017F;chaft i&#x017F;t fu&#x0364;rs ge-<lb/>
meine Be&#x017F;te. So dachte Mark-Aurel, und<lb/>
&#x017F;o &#x017F;oll jeder Regent denken, der &#x017F;eine Pflicht<lb/>
erfu&#x0364;llen will.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>&#x201E;Die Regierung in Pen&#x017F;ylvanien, wie<lb/>
&#x017F;ie jetzt eingerichtet i&#x017F;t, gefa&#x0364;llt Euch; &#x017F;ie i&#x017F;t<lb/>
nur Ein Jahrhundert alt, laßt &#x017F;ie noch<lb/>
fu&#x0364;nf oder &#x017F;echs Jahrhunderte fortdauren,<lb/>
und Ihr kennet &#x017F;ie nicht mehr. So wahr<lb/>
i&#x017F;t es, daß Unbe&#x017F;tand eines der be&#x017F;ta&#x0364;ndig-<lb/>
&#x017F;ten Ge&#x017F;etze der Welt &#x017F;ey. Laß Philo&#x017F;ophen<lb/>
die wei&#x017F;e&#x017F;te Regierung gru&#x0364;nden; &#x017F;ie wird<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbe Schick&#x017F;al haben; und &#x017F;ind die Phi-<lb/>
lo&#x017F;ophen vor Irrthum immer ge&#x017F;ichert ge-<lb/>
we&#x017F;en? Sie haben ihn &#x017F;elb&#x017F;t oft auf die<lb/>
Bahn gebracht, wie des Ari&#x017F;toteles &#x017F;ub-<lb/>
&#x017F;tantielle Formen, der Galimathias des<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0081] die einzige erlaubte Leidenſchaft iſt fuͤrs ge- meine Beſte. So dachte Mark-Aurel, und ſo ſoll jeder Regent denken, der ſeine Pflicht erfuͤllen will. „Die Regierung in Penſylvanien, wie ſie jetzt eingerichtet iſt, gefaͤllt Euch; ſie iſt nur Ein Jahrhundert alt, laßt ſie noch fuͤnf oder ſechs Jahrhunderte fortdauren, und Ihr kennet ſie nicht mehr. So wahr iſt es, daß Unbeſtand eines der beſtaͤndig- ſten Geſetze der Welt ſey. Laß Philoſophen die weiſeſte Regierung gruͤnden; ſie wird daſſelbe Schickſal haben; und ſind die Phi- loſophen vor Irrthum immer geſichert ge- weſen? Sie haben ihn ſelbſt oft auf die Bahn gebracht, wie des Ariſtoteles ſub- ſtantielle Formen, der Galimathias des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet02_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet02_1793/81
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 2. Riga, 1793, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet02_1793/81>, abgerufen am 27.05.2024.