Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

sie darfs, die gewesene Gebieterin eines
Prinzen, die in seiner Sphäre an Willkühr
gewöhnt ist. Als eine Beleidigte, Verach-
tete muß sie anjetzt übertreiben, und bleibt
in der größesten Tollheit die redende Ver-
nunft selbst, ein Meisterwerk der Erfindung.

So auch das Uebereilen des Plans,
das Hineintappen des Prinzen, und vor
Allem, seine unbescholtene Rechtfertig-
keit, Alles veranlaßt, gebilligt, und am
Ende doch, nachdem der Plan verunglückt,
nichts befohlen, nichts gethan zu haben.
In wenigen Tagen, fürchte ich, hat er sich
selbst ganz rein gefunden, und in der Beichte
ward er gewiß absolviret. Bei der Ver-
mählung mit der Fürstin von Massa war
Marinelli zugegen, vertrat als Kammer-
herr vielleicht gar des Prinzen Stelle, sie
abzuholen. Appiani dagegen ist todt;
Odoardo hat sich in seiner Emilie sieben-

ſie darfs, die geweſene Gebieterin eines
Prinzen, die in ſeiner Sphaͤre an Willkuͤhr
gewoͤhnt iſt. Als eine Beleidigte, Verach-
tete muß ſie anjetzt uͤbertreiben, und bleibt
in der groͤßeſten Tollheit die redende Ver-
nunft ſelbſt, ein Meiſterwerk der Erfindung.

So auch das Uebereilen des Plans,
das Hineintappen des Prinzen, und vor
Allem, ſeine unbeſcholtene Rechtfertig-
keit, Alles veranlaßt, gebilligt, und am
Ende doch, nachdem der Plan verungluͤckt,
nichts befohlen, nichts gethan zu haben.
In wenigen Tagen, fuͤrchte ich, hat er ſich
ſelbſt ganz rein gefunden, und in der Beichte
ward er gewiß abſolviret. Bei der Ver-
maͤhlung mit der Fuͤrſtin von Maſſa war
Marinelli zugegen, vertrat als Kammer-
herr vielleicht gar des Prinzen Stelle, ſie
abzuholen. Appiani dagegen iſt todt;
Odoardo hat ſich in ſeiner Emilie ſieben-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0155" n="146"/><hi rendition="#g">&#x017F;ie</hi> darfs, die gewe&#x017F;ene Gebieterin eines<lb/>
Prinzen, die in &#x017F;einer Spha&#x0364;re an Willku&#x0364;hr<lb/>
gewo&#x0364;hnt i&#x017F;t. Als eine Beleidigte, Verach-<lb/>
tete muß &#x017F;ie anjetzt u&#x0364;bertreiben, und bleibt<lb/>
in der gro&#x0364;ße&#x017F;ten Tollheit die redende Ver-<lb/>
nunft &#x017F;elb&#x017F;t, ein Mei&#x017F;terwerk der Erfindung.</p><lb/>
        <p>So auch das Uebereilen des Plans,<lb/>
das Hineintappen des Prinzen, und vor<lb/>
Allem, &#x017F;eine unbe&#x017F;choltene Rechtfertig-<lb/>
keit, Alles veranlaßt, gebilligt, und am<lb/>
Ende doch, nachdem der Plan verunglu&#x0364;ckt,<lb/>
nichts befohlen, nichts gethan zu haben.<lb/>
In wenigen Tagen, fu&#x0364;rchte ich, hat er &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t ganz rein gefunden, und in der Beichte<lb/>
ward er gewiß ab&#x017F;olviret. Bei der Ver-<lb/>
ma&#x0364;hlung mit der Fu&#x0364;r&#x017F;tin von Ma&#x017F;&#x017F;a war<lb/>
Marinelli zugegen, vertrat als Kammer-<lb/>
herr vielleicht gar des Prinzen Stelle, &#x017F;ie<lb/>
abzuholen. Appiani dagegen i&#x017F;t todt;<lb/>
Odoardo hat &#x017F;ich in &#x017F;einer Emilie &#x017F;ieben-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0155] ſie darfs, die geweſene Gebieterin eines Prinzen, die in ſeiner Sphaͤre an Willkuͤhr gewoͤhnt iſt. Als eine Beleidigte, Verach- tete muß ſie anjetzt uͤbertreiben, und bleibt in der groͤßeſten Tollheit die redende Ver- nunft ſelbſt, ein Meiſterwerk der Erfindung. So auch das Uebereilen des Plans, das Hineintappen des Prinzen, und vor Allem, ſeine unbeſcholtene Rechtfertig- keit, Alles veranlaßt, gebilligt, und am Ende doch, nachdem der Plan verungluͤckt, nichts befohlen, nichts gethan zu haben. In wenigen Tagen, fuͤrchte ich, hat er ſich ſelbſt ganz rein gefunden, und in der Beichte ward er gewiß abſolviret. Bei der Ver- maͤhlung mit der Fuͤrſtin von Maſſa war Marinelli zugegen, vertrat als Kammer- herr vielleicht gar des Prinzen Stelle, ſie abzuholen. Appiani dagegen iſt todt; Odoardo hat ſich in ſeiner Emilie ſieben-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794/155
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794/155>, abgerufen am 23.11.2024.