Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

haben wir auch ein gemeinschaftliches Ge-
setz. Ist das, so sind wir Bürger und
nehmen an Einem gemeinschaftlichen Staate
Theil. Dieser Staat ist die Welt: denn
was für einen andern Staat könnte je-
mand nennen, an dem das ganze Menschen-
geschlecht Theil nehme? Aus diesem ge-
meinschaftlichen Staat also haben wir alle
denselben Verstand, dieselbe Vernunft, die-
selbe Gesetzgebende Vernunft: denn woher
hätten wir sie sonst? Wie das Irrdische
an mir, das Feuchte, das Luftige, das
Feurige jedes aus der Quelle seines Ele-
ments kommt, und dahin gehöret: so muß
auch der Verstand irgend woher seyn und
dazu gehören."

"Was Dir füglich ist, o Weltall, ist
auch mir bequem. Nichts kommt mir zu
frühe, nichts zu spät, was dir recht ist.
Alles ist mir Frucht, o Natur, was Deine

haben wir auch ein gemeinſchaftliches Ge-
ſetz. Iſt das, ſo ſind wir Buͤrger und
nehmen an Einem gemeinſchaftlichen Staate
Theil. Dieſer Staat iſt die Welt: denn
was fuͤr einen andern Staat koͤnnte je-
mand nennen, an dem das ganze Menſchen-
geſchlecht Theil nehme? Aus dieſem ge-
meinſchaftlichen Staat alſo haben wir alle
denſelben Verſtand, dieſelbe Vernunft, die-
ſelbe Geſetzgebende Vernunft: denn woher
haͤtten wir ſie ſonſt? Wie das Irrdiſche
an mir, das Feuchte, das Luftige, das
Feurige jedes aus der Quelle ſeines Ele-
ments kommt, und dahin gehoͤret: ſo muß
auch der Verſtand irgend woher ſeyn und
dazu gehoͤren.“

„Was Dir fuͤglich iſt, o Weltall, iſt
auch mir bequem. Nichts kommt mir zu
fruͤhe, nichts zu ſpaͤt, was dir recht iſt.
Alles iſt mir Frucht, o Natur, was Deine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0037" n="28"/>
haben wir auch ein gemein&#x017F;chaftliches Ge-<lb/>
&#x017F;etz. I&#x017F;t das, &#x017F;o &#x017F;ind wir Bu&#x0364;rger und<lb/>
nehmen an Einem gemein&#x017F;chaftlichen Staate<lb/>
Theil. Die&#x017F;er Staat i&#x017F;t die Welt: denn<lb/>
was fu&#x0364;r einen andern Staat ko&#x0364;nnte je-<lb/>
mand nennen, an dem das ganze Men&#x017F;chen-<lb/>
ge&#x017F;chlecht Theil nehme? Aus die&#x017F;em ge-<lb/>
mein&#x017F;chaftlichen Staat al&#x017F;o haben wir alle<lb/>
den&#x017F;elben Ver&#x017F;tand, die&#x017F;elbe Vernunft, die-<lb/>
&#x017F;elbe Ge&#x017F;etzgebende Vernunft: denn woher<lb/>
ha&#x0364;tten wir &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t? Wie das Irrdi&#x017F;che<lb/>
an mir, das Feuchte, das Luftige, das<lb/>
Feurige jedes aus der Quelle &#x017F;eines Ele-<lb/>
ments kommt, und dahin geho&#x0364;ret: &#x017F;o muß<lb/>
auch der Ver&#x017F;tand irgend woher &#x017F;eyn und<lb/>
dazu geho&#x0364;ren.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was Dir fu&#x0364;glich i&#x017F;t, o Weltall, i&#x017F;t<lb/>
auch mir bequem. Nichts kommt mir zu<lb/>
fru&#x0364;he, nichts zu &#x017F;pa&#x0364;t, was dir recht i&#x017F;t.<lb/>
Alles i&#x017F;t mir Frucht, o Natur, was Deine<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0037] haben wir auch ein gemeinſchaftliches Ge- ſetz. Iſt das, ſo ſind wir Buͤrger und nehmen an Einem gemeinſchaftlichen Staate Theil. Dieſer Staat iſt die Welt: denn was fuͤr einen andern Staat koͤnnte je- mand nennen, an dem das ganze Menſchen- geſchlecht Theil nehme? Aus dieſem ge- meinſchaftlichen Staat alſo haben wir alle denſelben Verſtand, dieſelbe Vernunft, die- ſelbe Geſetzgebende Vernunft: denn woher haͤtten wir ſie ſonſt? Wie das Irrdiſche an mir, das Feuchte, das Luftige, das Feurige jedes aus der Quelle ſeines Ele- ments kommt, und dahin gehoͤret: ſo muß auch der Verſtand irgend woher ſeyn und dazu gehoͤren.“ „Was Dir fuͤglich iſt, o Weltall, iſt auch mir bequem. Nichts kommt mir zu fruͤhe, nichts zu ſpaͤt, was dir recht iſt. Alles iſt mir Frucht, o Natur, was Deine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794/37
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794/37>, abgerufen am 21.11.2024.