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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795.

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nicht so leicht mehr Gedanken, Versuche,
Entdeckungen, Uebungen untergehen, wie
in Zeiträumen der einst von einander ge-
trennten Völker; das Samenkorn, das
hier und jetzt keine Wurzel fand, trug ein
günstiger Zephyr auf einen mildern Bo-
den, wo es vielleicht unter neuem Namen
gedeihete. Im Druck der Zeiten und des
Klima schlossen sich Zünfte zusammen,
die mit gemeinsamer, oft etwas roher
Hand, dem Fleiß, der Thätigkeit, allmä-
lich auch der Erfindung und dem Geist
der Menschen Schutz und Dauer verschaff-
ten, die also, wiewohl sie durch Privat-
leidenschaften und drückende Verhältnisse
das Werk der Vorsehung oft zu hindern
schienen, zuletzt dasselbe doch fördern muß-
ten. Durch alles Reiben der Völker, der
Gesellschaften, Zünfte und Glieder unter
einander erwuchs immer ein grösseres

nicht ſo leicht mehr Gedanken, Verſuche,
Entdeckungen, Uebungen untergehen, wie
in Zeitraͤumen der einſt von einander ge-
trennten Voͤlker; das Samenkorn, das
hier und jetzt keine Wurzel fand, trug ein
guͤnſtiger Zephyr auf einen mildern Bo-
den, wo es vielleicht unter neuem Namen
gedeihete. Im Druck der Zeiten und des
Klima ſchloſſen ſich Zuͤnfte zuſammen,
die mit gemeinſamer, oft etwas roher
Hand, dem Fleiß, der Thaͤtigkeit, allmaͤ-
lich auch der Erfindung und dem Geiſt
der Menſchen Schutz und Dauer verſchaff-
ten, die alſo, wiewohl ſie durch Privat-
leidenſchaften und druͤckende Verhaͤltniſſe
das Werk der Vorſehung oft zu hindern
ſchienen, zuletzt daſſelbe doch foͤrdern muß-
ten. Durch alles Reiben der Voͤlker, der
Geſellſchaften, Zuͤnfte und Glieder unter
einander erwuchs immer ein groͤſſeres

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[100/0115] nicht ſo leicht mehr Gedanken, Verſuche, Entdeckungen, Uebungen untergehen, wie in Zeitraͤumen der einſt von einander ge- trennten Voͤlker; das Samenkorn, das hier und jetzt keine Wurzel fand, trug ein guͤnſtiger Zephyr auf einen mildern Bo- den, wo es vielleicht unter neuem Namen gedeihete. Im Druck der Zeiten und des Klima ſchloſſen ſich Zuͤnfte zuſammen, die mit gemeinſamer, oft etwas roher Hand, dem Fleiß, der Thaͤtigkeit, allmaͤ- lich auch der Erfindung und dem Geiſt der Menſchen Schutz und Dauer verſchaff- ten, die alſo, wiewohl ſie durch Privat- leidenſchaften und druͤckende Verhaͤltniſſe das Werk der Vorſehung oft zu hindern ſchienen, zuletzt daſſelbe doch foͤrdern muß- ten. Durch alles Reiben der Voͤlker, der Geſellſchaften, Zuͤnfte und Glieder unter einander erwuchs immer ein groͤſſeres

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795/115>, abgerufen am 13.05.2024.