Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795.zu viel. An Charakter und an der Ver- zu viel. An Charakter und an der Ver- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0136" n="121"/> zu viel. An Charakter und an der Ver-<lb/> faſſung der Nation liegt es; an der Un-<lb/> kultur und Unkultivirbarkeit (wenn mir<lb/> zu Bezeichniß eines Barbarismus ein bar-<lb/> bariſches Wort erlaubt iſt) am falſchen<lb/> Geſchmack und der genetiſchen Rohheit<lb/> mancher Staͤnde und Lebensarten. Bei<lb/> weitem iſt unſre Sprache noch nicht ſo<lb/> gebildet, jedem Vortrage, jeder Art des<lb/> Wiſſenswuͤrdigen ſo zugebildet, als die<lb/> Sprachen unſrer Nachbarn; vielmehr ha-<lb/> ben wir mit einer benachbarten Nation zu<lb/> kaͤmpfen, daß ihre Sprache die unſere<lb/> nicht ganz vertilge. Erwache alſo, du<lb/> ſchlafender Gott, wenn du nicht etwa<lb/> dichteſt oder uͤber Feld gegangen biſt; er-<lb/> wache, Deutſches Publicum, und laß Dir<lb/> dein Palladium nicht rauben. Aus dem<lb/> traͤgen Schlummer, aus dem niedrigen<lb/> Stolz, der das Beſte wegwerfend verach-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [121/0136]
zu viel. An Charakter und an der Ver-
faſſung der Nation liegt es; an der Un-
kultur und Unkultivirbarkeit (wenn mir
zu Bezeichniß eines Barbarismus ein bar-
bariſches Wort erlaubt iſt) am falſchen
Geſchmack und der genetiſchen Rohheit
mancher Staͤnde und Lebensarten. Bei
weitem iſt unſre Sprache noch nicht ſo
gebildet, jedem Vortrage, jeder Art des
Wiſſenswuͤrdigen ſo zugebildet, als die
Sprachen unſrer Nachbarn; vielmehr ha-
ben wir mit einer benachbarten Nation zu
kaͤmpfen, daß ihre Sprache die unſere
nicht ganz vertilge. Erwache alſo, du
ſchlafender Gott, wenn du nicht etwa
dichteſt oder uͤber Feld gegangen biſt; er-
wache, Deutſches Publicum, und laß Dir
dein Palladium nicht rauben. Aus dem
traͤgen Schlummer, aus dem niedrigen
Stolz, der das Beſte wegwerfend verach-
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