Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite
56.

So angenehm mir Petrarca war, so
weh that mir Uriel Acosta in seinem
letzten Selbst-Bekenntniß. Der arme
Jude, von Zweifeln über seine Religion
ergriffen, gab alle Verhältnisse seiner edlen
Geburt, seines Glückes und Standes auf,
suchte Ruhe hie und dort, fand an seinen
nächsten Verwandten die ärgsten Feinde,
und endigte damit, daß er als ein Neu-
aufgenommener in der Synagoge seiner
Glaubensgenossen, schimpflich-entblößt, mit
Füßen getreten, gepeitscht, verspeiet, es

56.

So angenehm mir Petrarca war, ſo
weh that mir Uriel Acoſta in ſeinem
letzten Selbſt-Bekenntniß. Der arme
Jude, von Zweifeln uͤber ſeine Religion
ergriffen, gab alle Verhaͤltniſſe ſeiner edlen
Geburt, ſeines Gluͤckes und Standes auf,
ſuchte Ruhe hie und dort, fand an ſeinen
naͤchſten Verwandten die aͤrgſten Feinde,
und endigte damit, daß er als ein Neu-
aufgenommener in der Synagoge ſeiner
Glaubensgenoſſen, ſchimpflich-entbloͤßt, mit
Fuͤßen getreten, gepeitſcht, verſpeiet, es

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0037" n="22"/>
      <div n="1">
        <head>56.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">S</hi>o angenehm mir <hi rendition="#g">Petrarca</hi> war, &#x017F;o<lb/>
weh that mir <hi rendition="#g">Uriel Aco&#x017F;ta</hi> in &#x017F;einem<lb/>
letzten <hi rendition="#g">Selb&#x017F;t</hi>-<hi rendition="#g">Bekenntniß</hi>. Der arme<lb/>
Jude, von Zweifeln u&#x0364;ber &#x017F;eine Religion<lb/>
ergriffen, gab alle Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;einer edlen<lb/>
Geburt, &#x017F;eines Glu&#x0364;ckes und Standes auf,<lb/>
&#x017F;uchte Ruhe hie und dort, fand an &#x017F;einen<lb/>
na&#x0364;ch&#x017F;ten Verwandten die a&#x0364;rg&#x017F;ten Feinde,<lb/>
und endigte damit, daß er als ein Neu-<lb/>
aufgenommener in der Synagoge &#x017F;einer<lb/>
Glaubensgeno&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;chimpflich-entblo&#x0364;ßt, mit<lb/>
Fu&#x0364;ßen getreten, gepeit&#x017F;cht, ver&#x017F;peiet, es<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0037] 56. So angenehm mir Petrarca war, ſo weh that mir Uriel Acoſta in ſeinem letzten Selbſt-Bekenntniß. Der arme Jude, von Zweifeln uͤber ſeine Religion ergriffen, gab alle Verhaͤltniſſe ſeiner edlen Geburt, ſeines Gluͤckes und Standes auf, ſuchte Ruhe hie und dort, fand an ſeinen naͤchſten Verwandten die aͤrgſten Feinde, und endigte damit, daß er als ein Neu- aufgenommener in der Synagoge ſeiner Glaubensgenoſſen, ſchimpflich-entbloͤßt, mit Fuͤßen getreten, gepeitſcht, verſpeiet, es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795/37
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795/37>, abgerufen am 21.11.2024.