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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 6. Riga, 1795.

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um sich ihre Gestalt vorhalten zu können.
Diese Anleitung zur Selbstschätzung, zur
Reinlichkeit, ist auch gute Volkserziehung."

"Wozu aber alle diese Verfeinerungen?
Die gegenwärtige grobe Anwendung un-
williger Kräfte schafft schon dem Lande
Ueberfluß, und zieht auswärtige Reichthü-
mer dahin. -- Glaubt davon nichts. Ein
Land ist arm, wo die Wenigsten ge-
nießen, und die Mehresten arbeiten müs-
sen. Es ist alsdenn nicht der Ueberfluß,
der aus dem Lande geht, sondern der ent-
zogene Genuß. Was dafür ins Land ge-
zogen wird, ist nicht wahrer Reichthum,
und wenn dieser in baarer Münze dahin
käme. Reichthümer sind die, welche durch
größere Cultur des Landes entstehen und
im Lande genossen werden. Auch war bei
den Mitteln zur Bildung des Volks nicht
die directe Bereicherung der Herrschaft die

um ſich ihre Geſtalt vorhalten zu koͤnnen.
Dieſe Anleitung zur Selbſtſchaͤtzung, zur
Reinlichkeit, iſt auch gute Volkserziehung.“

„Wozu aber alle dieſe Verfeinerungen?
Die gegenwaͤrtige grobe Anwendung un-
williger Kraͤfte ſchafft ſchon dem Lande
Ueberfluß, und zieht auswaͤrtige Reichthuͤ-
mer dahin. — Glaubt davon nichts. Ein
Land iſt arm, wo die Wenigſten ge-
nießen, und die Mehreſten arbeiten muͤſ-
ſen. Es iſt alsdenn nicht der Ueberfluß,
der aus dem Lande geht, ſondern der ent-
zogene Genuß. Was dafuͤr ins Land ge-
zogen wird, iſt nicht wahrer Reichthum,
und wenn dieſer in baarer Muͤnze dahin
kaͤme. Reichthuͤmer ſind die, welche durch
groͤßere Cultur des Landes entſtehen und
im Lande genoſſen werden. Auch war bei
den Mitteln zur Bildung des Volks nicht
die directe Bereicherung der Herrſchaft die

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[148/0163] um ſich ihre Geſtalt vorhalten zu koͤnnen. Dieſe Anleitung zur Selbſtſchaͤtzung, zur Reinlichkeit, iſt auch gute Volkserziehung.“ „Wozu aber alle dieſe Verfeinerungen? Die gegenwaͤrtige grobe Anwendung un- williger Kraͤfte ſchafft ſchon dem Lande Ueberfluß, und zieht auswaͤrtige Reichthuͤ- mer dahin. — Glaubt davon nichts. Ein Land iſt arm, wo die Wenigſten ge- nießen, und die Mehreſten arbeiten muͤſ- ſen. Es iſt alsdenn nicht der Ueberfluß, der aus dem Lande geht, ſondern der ent- zogene Genuß. Was dafuͤr ins Land ge- zogen wird, iſt nicht wahrer Reichthum, und wenn dieſer in baarer Muͤnze dahin kaͤme. Reichthuͤmer ſind die, welche durch groͤßere Cultur des Landes entſtehen und im Lande genoſſen werden. Auch war bei den Mitteln zur Bildung des Volks nicht die directe Bereicherung der Herrſchaft die

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 6. Riga, 1795, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet06_1795/163>, abgerufen am 29.11.2024.