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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 6. Riga, 1795.

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gen eines Moments der Liebe, in
dem sie ihr Wesen empfingen? und in
welche Gestalt konnten die mancherlei
Spiele und Neckereien, die Vergnügen
und Unbesonnenheiten, die uns die Liebe
spielt, die wir ihr unschuldig spielen, bes-
ser gekleidet werden, als in die Gestalt
des Kindes oder Knaben Amors? Bei den
Dichtern, insonderheit des Idylls oder
der Fröhlichkeit und Freude hatte er so
viele Scherze begonnen; er begann sie
auch in der Kunst, und aus manchen
Vorstellungen derselben wäre noch viel
Niedliches zu dichten. Seine Geschichte
mit der Psyche
ist der vielseitigste, zar-
teste Roman, der je gedacht ward, über
den schwerlich etwas Höheres auszudenken
seyn möchte; auch seine Tändeleien mit
der Mutter und mit andern Göttern sind
voll Grazie und Schönheit. Setzt man

gen eines Moments der Liebe, in
dem ſie ihr Weſen empfingen? und in
welche Geſtalt konnten die mancherlei
Spiele und Neckereien, die Vergnuͤgen
und Unbeſonnenheiten, die uns die Liebe
ſpielt, die wir ihr unſchuldig ſpielen, beſ-
ſer gekleidet werden, als in die Geſtalt
des Kindes oder Knaben Amors? Bei den
Dichtern, inſonderheit des Idylls oder
der Froͤhlichkeit und Freude hatte er ſo
viele Scherze begonnen; er begann ſie
auch in der Kunſt, und aus manchen
Vorſtellungen derſelben waͤre noch viel
Niedliches zu dichten. Seine Geſchichte
mit der Pſyche
iſt der vielſeitigſte, zar-
teſte Roman, der je gedacht ward, uͤber
den ſchwerlich etwas Hoͤheres auszudenken
ſeyn moͤchte; auch ſeine Taͤndeleien mit
der Mutter und mit andern Goͤttern ſind
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[11/0026] gen eines Moments der Liebe, in dem ſie ihr Weſen empfingen? und in welche Geſtalt konnten die mancherlei Spiele und Neckereien, die Vergnuͤgen und Unbeſonnenheiten, die uns die Liebe ſpielt, die wir ihr unſchuldig ſpielen, beſ- ſer gekleidet werden, als in die Geſtalt des Kindes oder Knaben Amors? Bei den Dichtern, inſonderheit des Idylls oder der Froͤhlichkeit und Freude hatte er ſo viele Scherze begonnen; er begann ſie auch in der Kunſt, und aus manchen Vorſtellungen derſelben waͤre noch viel Niedliches zu dichten. Seine Geſchichte mit der Pſyche iſt der vielſeitigſte, zar- teſte Roman, der je gedacht ward, uͤber den ſchwerlich etwas Hoͤheres auszudenken ſeyn moͤchte; auch ſeine Taͤndeleien mit der Mutter und mit andern Goͤttern ſind voll Grazie und Schoͤnheit. Setzt man

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 6. Riga, 1795, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet06_1795/26>, abgerufen am 21.11.2024.