schöne Basreliefs noch nicht bekannt, und wenige Kunstliebhaber in dem glücklichen Fall sind, alles Bekanntgewordene zu ken- nen, oder mit Musse zu gebrauchen. -- Endlich vergleiche dieser Kunstliebhaber Künstler und Dichter; von allen vori- gen das schwereste Werk, das nicht nur Gelehrsamkeit, sondern auch Verstand und einen wirklichen Kunst- und Dichtersinn fo- dert. Hier brach Leßing eine große Bahn, auf welcher aber noch nicht weite Schritte gemacht sind. Eine veste Kritik hierüber würde uns vor mancher unglücklichen An- wendung der Kunst auf die Dichter, die in theuren Werken vor uns liegen, und doch bloße Barbarei sind, bewahren. -- Alle diese und noch mehrere Erwägungen aber verrücken den Gesichtspunkt nicht, den ich verfolgte, nämlich: "welche rei- ne Idee lag der Kunst, und zwar
ſchoͤne Basreliefs noch nicht bekannt, und wenige Kunſtliebhaber in dem gluͤcklichen Fall ſind, alles Bekanntgewordene zu ken- nen, oder mit Muſſe zu gebrauchen. — Endlich vergleiche dieſer Kunſtliebhaber Kuͤnſtler und Dichter; von allen vori- gen das ſchwereſte Werk, das nicht nur Gelehrſamkeit, ſondern auch Verſtand und einen wirklichen Kunſt- und Dichterſinn fo- dert. Hier brach Leßing eine große Bahn, auf welcher aber noch nicht weite Schritte gemacht ſind. Eine veſte Kritik hieruͤber wuͤrde uns vor mancher ungluͤcklichen An- wendung der Kunſt auf die Dichter, die in theuren Werken vor uns liegen, und doch bloße Barbarei ſind, bewahren. — Alle dieſe und noch mehrere Erwaͤgungen aber verruͤcken den Geſichtspunkt nicht, den ich verfolgte, naͤmlich: „welche rei- ne Idee lag der Kunſt, und zwar
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[58/0073]
ſchoͤne Basreliefs noch nicht bekannt, und
wenige Kunſtliebhaber in dem gluͤcklichen
Fall ſind, alles Bekanntgewordene zu ken-
nen, oder mit Muſſe zu gebrauchen. —
Endlich vergleiche dieſer Kunſtliebhaber
Kuͤnſtler und Dichter; von allen vori-
gen das ſchwereſte Werk, das nicht nur
Gelehrſamkeit, ſondern auch Verſtand und
einen wirklichen Kunſt- und Dichterſinn fo-
dert. Hier brach Leßing eine große Bahn,
auf welcher aber noch nicht weite Schritte
gemacht ſind. Eine veſte Kritik hieruͤber
wuͤrde uns vor mancher ungluͤcklichen An-
wendung der Kunſt auf die Dichter, die
in theuren Werken vor uns liegen, und
doch bloße Barbarei ſind, bewahren. —
Alle dieſe und noch mehrere Erwaͤgungen
aber verruͤcken den Geſichtspunkt nicht,
den ich verfolgte, naͤmlich: „welche rei-
ne Idee lag der Kunſt, und zwar
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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 6. Riga, 1795, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet06_1795/73>, abgerufen am 16.02.2025.
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