Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

welchen er sein Gespinnst zog, und in wel-
che er seine köstlichen Gedanken webte.
Die Politik der damaligen Zeit ist ein
Traum worden; es macht uns Mühe, je-
den seiner tiefen bleibenden Gedanken von
einem verlebten Traume zu sondern. Wer
lieset jetzt Churchills Gedichte? und
wer wird Peter Pindar mit reinem
Vergnügen lesen, wenn unsere Zeit vor-
bei ist? Beklagen wird man so viel ver-
schwendete goldne Talente.

Mit Unwillen höre ichs also, wenn
man unsrer Nation einen Swift wün-
schet, einen Bedaurens- und Hochachtungs-
würdigen Mann, der nur durch Misfälle
ward, was er geworden ist, und vom
Glück begleitet ein Genius der Gerechtig-
keit und der Klugheit geworden wäre.
Und ein Swift in Deutschland? --

welchen er ſein Geſpinnſt zog, und in wel-
che er ſeine koͤſtlichen Gedanken webte.
Die Politik der damaligen Zeit iſt ein
Traum worden; es macht uns Muͤhe, je-
den ſeiner tiefen bleibenden Gedanken von
einem verlebten Traume zu ſondern. Wer
lieſet jetzt Churchills Gedichte? und
wer wird Peter Pindar mit reinem
Vergnuͤgen leſen, wenn unſere Zeit vor-
bei iſt? Beklagen wird man ſo viel ver-
ſchwendete goldne Talente.

Mit Unwillen hoͤre ichs alſo, wenn
man unſrer Nation einen Swift wuͤn-
ſchet, einen Bedaurens- und Hochachtungs-
wuͤrdigen Mann, der nur durch Misfaͤlle
ward, was er geworden iſt, und vom
Gluͤck begleitet ein Genius der Gerechtig-
keit und der Klugheit geworden waͤre.
Und ein Swift in Deutſchland? —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0187" n="168"/>
welchen er &#x017F;ein Ge&#x017F;pinn&#x017F;t zog, und in wel-<lb/>
che er &#x017F;eine ko&#x0364;&#x017F;tlichen Gedanken webte.<lb/>
Die Politik der damaligen Zeit i&#x017F;t ein<lb/>
Traum worden; es macht uns Mu&#x0364;he, je-<lb/>
den &#x017F;einer tiefen bleibenden Gedanken von<lb/>
einem verlebten Traume zu &#x017F;ondern. Wer<lb/>
lie&#x017F;et jetzt <hi rendition="#g">Churchills</hi> Gedichte? und<lb/>
wer wird <hi rendition="#g">Peter Pindar</hi> mit reinem<lb/>
Vergnu&#x0364;gen le&#x017F;en, wenn un&#x017F;ere Zeit vor-<lb/>
bei i&#x017F;t? Beklagen wird man &#x017F;o viel ver-<lb/>
&#x017F;chwendete goldne Talente.</p><lb/>
        <p>Mit Unwillen ho&#x0364;re ichs al&#x017F;o, wenn<lb/>
man un&#x017F;rer Nation einen <hi rendition="#g">Swift</hi> wu&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;chet, einen Bedaurens- und Hochachtungs-<lb/>
wu&#x0364;rdigen Mann, der nur durch Misfa&#x0364;lle<lb/>
ward, was er geworden i&#x017F;t, und vom<lb/>
Glu&#x0364;ck begleitet ein Genius der Gerechtig-<lb/>
keit und der Klugheit geworden wa&#x0364;re.<lb/>
Und ein <hi rendition="#g">Swift</hi> in Deut&#x017F;chland? &#x2014;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0187] welchen er ſein Geſpinnſt zog, und in wel- che er ſeine koͤſtlichen Gedanken webte. Die Politik der damaligen Zeit iſt ein Traum worden; es macht uns Muͤhe, je- den ſeiner tiefen bleibenden Gedanken von einem verlebten Traume zu ſondern. Wer lieſet jetzt Churchills Gedichte? und wer wird Peter Pindar mit reinem Vergnuͤgen leſen, wenn unſere Zeit vor- bei iſt? Beklagen wird man ſo viel ver- ſchwendete goldne Talente. Mit Unwillen hoͤre ichs alſo, wenn man unſrer Nation einen Swift wuͤn- ſchet, einen Bedaurens- und Hochachtungs- wuͤrdigen Mann, der nur durch Misfaͤlle ward, was er geworden iſt, und vom Gluͤck begleitet ein Genius der Gerechtig- keit und der Klugheit geworden waͤre. Und ein Swift in Deutſchland? —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796/187
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796/187>, abgerufen am 22.12.2024.