Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

und Nachwelt in der einzig-unver-
gänglichen Göttersprache. Wie wohl
wird dem Leser in der Geschichte der Lite-
ratur, wenn nach zu Grabe getragenen
Schoppen (Scioppiorum) die Periode
der eigentlichen Wissenschaften (Scien-
zen) anfängt, in welcher man sich nicht
mehr über Worte und Autoritäten Schop-
pisch zankte. -- --

Endlich. Wahre Kenner der Alten
hat es immer nur wenige gegeben! Die
Kritik der Sylben und Worte ist eine un-
entbehrliche, nützliche Kunst; sie erfodert
Genie, Tact, und vor andern viel Kännt-
nisse, Fleiß und Uebung; daß sie aber die
Känntniß der Alten noch nicht sei, von
der das Fragment eine Palingenesie der
Dinge herzuleiten scheinet, dies ist wohl
Sonnenklar. Kritiker, wie Ruhnken an
Hemsterhuis schildert, sind selten; auch

und Nachwelt in der einzig-unver-
gaͤnglichen Goͤtterſprache. Wie wohl
wird dem Leſer in der Geſchichte der Lite-
ratur, wenn nach zu Grabe getragenen
Schoppen (Scioppiorum) die Periode
der eigentlichen Wiſſenſchaften (Scien-
zen) anfaͤngt, in welcher man ſich nicht
mehr uͤber Worte und Autoritaͤten Schop-
piſch zankte. — —

Endlich. Wahre Kenner der Alten
hat es immer nur wenige gegeben! Die
Kritik der Sylben und Worte iſt eine un-
entbehrliche, nuͤtzliche Kunſt; ſie erfodert
Genie, Tact, und vor andern viel Kaͤnnt-
niſſe, Fleiß und Uebung; daß ſie aber die
Kaͤnntniß der Alten noch nicht ſei, von
der das Fragment eine Palingeneſie der
Dinge herzuleiten ſcheinet, dies iſt wohl
Sonnenklar. Kritiker, wie Ruhnken an
Hemſterhuis ſchildert, ſind ſelten; auch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0041" n="22"/>
und Nachwelt in der <hi rendition="#g">einzig</hi>-<hi rendition="#g">unver</hi>-<lb/><hi rendition="#g">ga&#x0364;nglichen</hi> Go&#x0364;tter&#x017F;prache. Wie wohl<lb/>
wird dem Le&#x017F;er in der Ge&#x017F;chichte der Lite-<lb/>
ratur, wenn nach zu Grabe getragenen<lb/><hi rendition="#g">Schoppen</hi> <hi rendition="#aq">(Scioppiorum)</hi> die Periode<lb/>
der eigentlichen <hi rendition="#g">Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften</hi> (Scien-<lb/>
zen) anfa&#x0364;ngt, in welcher man &#x017F;ich nicht<lb/>
mehr u&#x0364;ber Worte und Autorita&#x0364;ten <hi rendition="#g">Schop</hi>-<lb/><hi rendition="#g">pi&#x017F;ch</hi> zankte. &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Endlich</hi>. Wahre Kenner der Alten<lb/>
hat es immer nur wenige gegeben! Die<lb/>
Kritik der Sylben und Worte i&#x017F;t eine un-<lb/>
entbehrliche, nu&#x0364;tzliche Kun&#x017F;t; &#x017F;ie erfodert<lb/>
Genie, Tact, und vor andern viel Ka&#x0364;nnt-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e, Fleiß und Uebung; daß &#x017F;ie aber <hi rendition="#g">die</hi><lb/>
Ka&#x0364;nntniß der Alten noch nicht &#x017F;ei, von<lb/>
der das Fragment eine Palingene&#x017F;ie der<lb/>
Dinge herzuleiten &#x017F;cheinet, dies i&#x017F;t wohl<lb/>
Sonnenklar. Kritiker, wie <hi rendition="#g">Ruhnken</hi> an<lb/><hi rendition="#g">Hem&#x017F;terhuis</hi> &#x017F;childert, &#x017F;ind &#x017F;elten; auch<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0041] und Nachwelt in der einzig-unver- gaͤnglichen Goͤtterſprache. Wie wohl wird dem Leſer in der Geſchichte der Lite- ratur, wenn nach zu Grabe getragenen Schoppen (Scioppiorum) die Periode der eigentlichen Wiſſenſchaften (Scien- zen) anfaͤngt, in welcher man ſich nicht mehr uͤber Worte und Autoritaͤten Schop- piſch zankte. — — Endlich. Wahre Kenner der Alten hat es immer nur wenige gegeben! Die Kritik der Sylben und Worte iſt eine un- entbehrliche, nuͤtzliche Kunſt; ſie erfodert Genie, Tact, und vor andern viel Kaͤnnt- niſſe, Fleiß und Uebung; daß ſie aber die Kaͤnntniß der Alten noch nicht ſei, von der das Fragment eine Palingeneſie der Dinge herzuleiten ſcheinet, dies iſt wohl Sonnenklar. Kritiker, wie Ruhnken an Hemſterhuis ſchildert, ſind ſelten; auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796/41
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796/41>, abgerufen am 22.12.2024.