Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

arbeite, weil Arbeiten doch das einzige Mit-
tel ist, um einmal aufzuhören, jenes zu seyn.
Ich bin in meinem Leben schon in sehr elen-
den Umständen gewesen, aber doch nie in sol-
chen, wo ich im eigentlichen Verstande um
Brodt geschrieben hätte. Ich habe meine
Beiträge *) blos darum angefangen, weil
diese Arbeit fördert, indem ich nur einen Wisch
nach dem andern in die Druckerei schicken
darf, und ich doch dafür von Zeit zu Zeit ein
Paar Louisd'or bekomme, um von einem Tage
zum andern zu leben. Wer nun noch daran
zweifelt, daß es die absolute Unmöglichkeit ist,
warum ich gewisse Pflichten nicht erfülle,
mein Versprechen in gewissen Dingen nicht
halte, den bin ich sehr geneigt, eben so sehr
zu verkennen als er mich verkennt. **)

*) Beiträge zur Geschichte und Literatur aus
den Schätzen der Herzogl. Bibliothek zu Wol-
fenbüttel. 1773.
**) Th. 30. S. 236.
Neunte Sammlung. J

arbeite, weil Arbeiten doch das einzige Mit-
tel iſt, um einmal aufzuhoͤren, jenes zu ſeyn.
Ich bin in meinem Leben ſchon in ſehr elen-
den Umſtaͤnden geweſen, aber doch nie in ſol-
chen, wo ich im eigentlichen Verſtande um
Brodt geſchrieben haͤtte. Ich habe meine
Beitraͤge *) blos darum angefangen, weil
dieſe Arbeit foͤrdert, indem ich nur einen Wiſch
nach dem andern in die Druckerei ſchicken
darf, und ich doch dafuͤr von Zeit zu Zeit ein
Paar Louisd'or bekomme, um von einem Tage
zum andern zu leben. Wer nun noch daran
zweifelt, daß es die abſolute Unmoͤglichkeit iſt,
warum ich gewiſſe Pflichten nicht erfuͤlle,
mein Verſprechen in gewiſſen Dingen nicht
halte, den bin ich ſehr geneigt, eben ſo ſehr
zu verkennen als er mich verkennt. **)

*) Beitraͤge zur Geſchichte und Literatur aus
den Schaͤtzen der Herzogl. Bibliothek zu Wol-
fenbuͤttel. 1773.
**) Th. 30. S. 236.
Neunte Sammlung. J
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0136" n="129"/>
arbeite, weil Arbeiten doch das einzige Mit-<lb/>
tel i&#x017F;t, um einmal aufzuho&#x0364;ren, jenes zu &#x017F;eyn.<lb/>
Ich bin in meinem Leben &#x017F;chon in &#x017F;ehr elen-<lb/>
den Um&#x017F;ta&#x0364;nden gewe&#x017F;en, aber doch nie in &#x017F;ol-<lb/>
chen, wo ich im eigentlichen Ver&#x017F;tande um<lb/>
Brodt ge&#x017F;chrieben ha&#x0364;tte. Ich habe meine<lb/><hi rendition="#g">Beitra&#x0364;ge</hi> <note place="foot" n="*)">Beitra&#x0364;ge zur Ge&#x017F;chichte und Literatur aus<lb/>
den Scha&#x0364;tzen der Herzogl. Bibliothek zu Wol-<lb/>
fenbu&#x0364;ttel. 1773.</note> blos darum angefangen, weil<lb/>
die&#x017F;e Arbeit fo&#x0364;rdert, indem ich nur einen Wi&#x017F;ch<lb/>
nach dem andern in die Druckerei &#x017F;chicken<lb/>
darf, und ich doch dafu&#x0364;r von Zeit zu Zeit ein<lb/>
Paar Louisd'or bekomme, um von einem Tage<lb/>
zum andern zu leben. Wer nun noch daran<lb/>
zweifelt, daß es die ab&#x017F;olute Unmo&#x0364;glichkeit i&#x017F;t,<lb/>
warum ich gewi&#x017F;&#x017F;e Pflichten nicht erfu&#x0364;lle,<lb/>
mein Ver&#x017F;prechen in gewi&#x017F;&#x017F;en Dingen nicht<lb/>
halte, den bin ich &#x017F;ehr geneigt, eben &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/>
zu verkennen als er mich verkennt. <note place="foot" n="**)">Th. 30. S. 236.</note></p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">Neunte Sammlung. J</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0136] arbeite, weil Arbeiten doch das einzige Mit- tel iſt, um einmal aufzuhoͤren, jenes zu ſeyn. Ich bin in meinem Leben ſchon in ſehr elen- den Umſtaͤnden geweſen, aber doch nie in ſol- chen, wo ich im eigentlichen Verſtande um Brodt geſchrieben haͤtte. Ich habe meine Beitraͤge *) blos darum angefangen, weil dieſe Arbeit foͤrdert, indem ich nur einen Wiſch nach dem andern in die Druckerei ſchicken darf, und ich doch dafuͤr von Zeit zu Zeit ein Paar Louisd'or bekomme, um von einem Tage zum andern zu leben. Wer nun noch daran zweifelt, daß es die abſolute Unmoͤglichkeit iſt, warum ich gewiſſe Pflichten nicht erfuͤlle, mein Verſprechen in gewiſſen Dingen nicht halte, den bin ich ſehr geneigt, eben ſo ſehr zu verkennen als er mich verkennt. **) *) Beitraͤge zur Geſchichte und Literatur aus den Schaͤtzen der Herzogl. Bibliothek zu Wol- fenbuͤttel. 1773. **) Th. 30. S. 236. Neunte Sammlung. J

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797/136
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797/136>, abgerufen am 24.11.2024.