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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797.

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unglückliche und unschuldige Reisen-
de, der hier allenfalls paßte. Doch warum
nicht lieber eine neue Classe gemacht, als sich
mit einer beholfen, die eine so unschickli-
che Benennung hat? Denn es ist nicht
wahr, daß der Unglückliche ganz unschuldig
ist. An Klugheit hat er es wohl immer feh-
len lassen.

Dieser Emigrant will von Ihnen nichts,
als daß Sie ihm den kürzesten und sichersten
Weg nach dem europäischen Lande vorschla-
gen, wo es weder Christen noch Juden giebt.
Ich verliere ihn ungern; aber sobald er glück-
lich da angelangt ist, bin ich der erste, der
ihm folgt.

An Ihrem Briefchen kaue und nutsche
ich noch. (Das saftigste Wort ist hier
das edelste.) Und wahrlich, ich brauche so
ein Briefchen von Zeit zu Zeit sehr nöthig,
wenn ich nicht ganz mißmüthig werden soll.
Ich glaube nicht, daß Sie mich als einen
Menschen kennen, der nach Lobe heißhungrig

ungluͤckliche und unſchuldige Reiſen-
de, der hier allenfalls paßte. Doch warum
nicht lieber eine neue Claſſe gemacht, als ſich
mit einer beholfen, die eine ſo unſchickli-
che Benennung hat? Denn es iſt nicht
wahr, daß der Ungluͤckliche ganz unſchuldig
iſt. An Klugheit hat er es wohl immer feh-
len laſſen.

Dieſer Emigrant will von Ihnen nichts,
als daß Sie ihm den kuͤrzeſten und ſicherſten
Weg nach dem europaͤiſchen Lande vorſchla-
gen, wo es weder Chriſten noch Juden giebt.
Ich verliere ihn ungern; aber ſobald er gluͤck-
lich da angelangt iſt, bin ich der erſte, der
ihm folgt.

An Ihrem Briefchen kaue und nutſche
ich noch. (Das ſaftigſte Wort iſt hier
das edelſte.) Und wahrlich, ich brauche ſo
ein Briefchen von Zeit zu Zeit ſehr noͤthig,
wenn ich nicht ganz mißmuͤthig werden ſoll.
Ich glaube nicht, daß Sie mich als einen
Menſchen kennen, der nach Lobe heißhungrig

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[154/0161] ungluͤckliche und unſchuldige Reiſen- de, der hier allenfalls paßte. Doch warum nicht lieber eine neue Claſſe gemacht, als ſich mit einer beholfen, die eine ſo unſchickli- che Benennung hat? Denn es iſt nicht wahr, daß der Ungluͤckliche ganz unſchuldig iſt. An Klugheit hat er es wohl immer feh- len laſſen. Dieſer Emigrant will von Ihnen nichts, als daß Sie ihm den kuͤrzeſten und ſicherſten Weg nach dem europaͤiſchen Lande vorſchla- gen, wo es weder Chriſten noch Juden giebt. Ich verliere ihn ungern; aber ſobald er gluͤck- lich da angelangt iſt, bin ich der erſte, der ihm folgt. An Ihrem Briefchen kaue und nutſche ich noch. (Das ſaftigſte Wort iſt hier das edelſte.) Und wahrlich, ich brauche ſo ein Briefchen von Zeit zu Zeit ſehr noͤthig, wenn ich nicht ganz mißmuͤthig werden ſoll. Ich glaube nicht, daß Sie mich als einen Menſchen kennen, der nach Lobe heißhungrig

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797/161>, abgerufen am 21.11.2024.