Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 10. Riga, 1797.Das Kriegsrecht. Mahmud beherrschte Indien. Da trat Ein armer Inder vor ihn: "Herr, es kommt Aus Eurem Heer ein Mächtiger zu mir, Der fodert, daß ich ihm das Meinige, Mein Haus und Weib abtrete. Ungestüm Ist seine Fodrung." "Wenn er wiederkommt, So sage mirs." In dreien Tagen kam Der Inder nicht zum Sultan. Endlich schlich Er scheu heran, und Mahmud eilt' ins Haus Mit seiner Leibwach'. Es war Nacht. "Hinweg Die Lichter! rief er, tödtet ihn." Gesagt, gethan. "Jetzt bringet Licht herbei!" Der Sultan sah den Leichnam und fiel betend Zur Erde nieder. "Gebt mir Speise jetzt!" Das Kriegsrecht. Mahmud beherrſchte Indien. Da trat Ein armer Inder vor ihn: „Herr, es kommt Aus Eurem Heer ein Maͤchtiger zu mir, Der fodert, daß ich ihm das Meinige, Mein Haus und Weib abtrete. Ungeſtuͤm Iſt ſeine Fodrung.“ „Wenn er wiederkommt, So ſage mirs.“ In dreien Tagen kam Der Inder nicht zum Sultan. Endlich ſchlich Er ſcheu heran, und Mahmud eilt' ins Haus Mit ſeiner Leibwach'. Es war Nacht. „Hinweg Die Lichter! rief er, toͤdtet ihn.“ Geſagt, gethan. „Jetzt bringet Licht herbei!“ Der Sultan ſah den Leichnam und fiel betend Zur Erde nieder. „Gebt mir Speiſe jetzt!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0112" n="105"/> <lg type="poem"> <head><hi rendition="#g">Das Kriegsrecht</hi>.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg n="1"> <l><hi rendition="#g"><hi rendition="#in">M</hi>ahmud</hi> beherrſchte <hi rendition="#g">Indien</hi>. Da trat</l><lb/> <l>Ein armer <hi rendition="#g">Inder</hi> vor ihn: „Herr, es kommt</l><lb/> <l>Aus Eurem Heer ein Maͤchtiger zu mir,</l><lb/> <l>Der fodert, daß ich ihm das Meinige,</l><lb/> <l>Mein Haus und Weib abtrete. Ungeſtuͤm</l><lb/> <l>Iſt ſeine Fodrung.“</l><lb/> <l>„Wenn er wiederkommt,</l><lb/> <l>So ſage mirs.“</l><lb/> <l>In dreien Tagen kam</l><lb/> <l>Der Inder nicht zum Sultan. Endlich ſchlich</l><lb/> <l>Er ſcheu heran, und <hi rendition="#g">Mahmud</hi> eilt' ins Haus</l><lb/> <l>Mit ſeiner Leibwach'. Es war Nacht. „Hinweg</l><lb/> <l>Die Lichter! rief er, toͤdtet ihn.“</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Geſagt, gethan.</l><lb/> <l>„Jetzt bringet Licht herbei!“</l><lb/> <l>Der Sultan ſah den Leichnam und fiel betend</l><lb/> <l>Zur Erde nieder.</l><lb/> <l>„Gebt mir Speiſe jetzt!“</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [105/0112]
Das Kriegsrecht.
Mahmud beherrſchte Indien. Da trat
Ein armer Inder vor ihn: „Herr, es kommt
Aus Eurem Heer ein Maͤchtiger zu mir,
Der fodert, daß ich ihm das Meinige,
Mein Haus und Weib abtrete. Ungeſtuͤm
Iſt ſeine Fodrung.“
„Wenn er wiederkommt,
So ſage mirs.“
In dreien Tagen kam
Der Inder nicht zum Sultan. Endlich ſchlich
Er ſcheu heran, und Mahmud eilt' ins Haus
Mit ſeiner Leibwach'. Es war Nacht. „Hinweg
Die Lichter! rief er, toͤdtet ihn.“
Geſagt, gethan.
„Jetzt bringet Licht herbei!“
Der Sultan ſah den Leichnam und fiel betend
Zur Erde nieder.
„Gebt mir Speiſe jetzt!“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |