[Herder, Johann Gottfried von]: Kritische Wälder. Bd. 1. [Riga], 1769.Kritische Wälder. Theilen zusammengesetzt darzustellen; so sage ich,hat er eben so vergebens gearbeitet, als Brockes, wenn er uns Kräuter malet. Das Zusammen- setzen, die Handlung der Hebe kommt gar nicht in Rechnung; das Nacheinander zusammensetzen was mit Einmal gezeigt, gedacht werden sollte, ist Au- genmerk: dies ist bei beiden gleich, ja bei Homer durch das Zusammensetzen noch langsamer. "Doch "nicht blos da, wo Homer mit seinen Beschreibun- "gen weitere Absichten verbindet, sondern auch da, "wo es ihm um das bloße Bild zu thun ist, wird "er dieses Bild in eine Art von Geschichte des Ge- "genstandes verstreuen, um die Theile desselben, "die wir in der Natur neben einander sehen, in sei- "nem Gemälde eben so natürlich auf einander "folgen, und mit dem Flusse der Rede gleich- "sam Schritt halten zu lassen. Der Bogen "des Pandarus z. E. a)" -- aber wie kann Hr. L. hier in Homers Beschreibung eine Parallele der Fol- ge in den Tönen, mit dem Coexsistiren der Theile, und der Theile des Objekts mit den Theilen der Rede finden? Wenn Homer uns den Bogen des Pandarus mahlen will, und uns erst auf die Jagd des Steinbocks führet, aus dessen Hörnern der Bo- gen gemacht worden: und uns erst den Felsen zeigt, wo ihn Pandarus erlegt, und nun erst die Hörner des Steinbocks längelang ausmißt; nun erst sie in Ar- a) Laok. p. 163. 164.
Kritiſche Waͤlder. Theilen zuſammengeſetzt darzuſtellen; ſo ſage ich,hat er eben ſo vergebens gearbeitet, als Brockes, wenn er uns Kraͤuter malet. Das Zuſammen- ſetzen, die Handlung der Hebe kommt gar nicht in Rechnung; das Nacheinander zuſammenſetzen was mit Einmal gezeigt, gedacht werden ſollte, iſt Au- genmerk: dies iſt bei beiden gleich, ja bei Homer durch das Zuſammenſetzen noch langſamer. „Doch „nicht blos da, wo Homer mit ſeinen Beſchreibun- „gen weitere Abſichten verbindet, ſondern auch da, „wo es ihm um das bloße Bild zu thun iſt, wird „er dieſes Bild in eine Art von Geſchichte des Ge- „genſtandes verſtreuen, um die Theile deſſelben, „die wir in der Natur neben einander ſehen, in ſei- „nem Gemaͤlde eben ſo natuͤrlich auf einander „folgen, und mit dem Fluſſe der Rede gleich- „ſam Schritt halten zu laſſen. Der Bogen „des Pandarus z. E. a)„ — aber wie kann Hr. L. hier in Homers Beſchreibung eine Parallele der Fol- ge in den Toͤnen, mit dem Coexſiſtiren der Theile, und der Theile des Objekts mit den Theilen der Rede finden? Wenn Homer uns den Bogen des Pandarus mahlen will, und uns erſt auf die Jagd des Steinbocks fuͤhret, aus deſſen Hoͤrnern der Bo- gen gemacht worden: und uns erſt den Felſen zeigt, wo ihn Pandarus erlegt, und nun erſt die Hoͤrner des Steinbocks laͤngelang ausmißt; nun erſt ſie in Ar- a) Laok. p. 163. 164.
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Kritiſche Waͤlder.
Theilen zuſammengeſetzt darzuſtellen; ſo ſage ich,
hat er eben ſo vergebens gearbeitet, als Brockes,
wenn er uns Kraͤuter malet. Das Zuſammen-
ſetzen, die Handlung der Hebe kommt gar nicht in
Rechnung; das Nacheinander zuſammenſetzen was
mit Einmal gezeigt, gedacht werden ſollte, iſt Au-
genmerk: dies iſt bei beiden gleich, ja bei Homer
durch das Zuſammenſetzen noch langſamer. „Doch
„nicht blos da, wo Homer mit ſeinen Beſchreibun-
„gen weitere Abſichten verbindet, ſondern auch da,
„wo es ihm um das bloße Bild zu thun iſt, wird
„er dieſes Bild in eine Art von Geſchichte des Ge-
„genſtandes verſtreuen, um die Theile deſſelben,
„die wir in der Natur neben einander ſehen, in ſei-
„nem Gemaͤlde eben ſo natuͤrlich auf einander
„folgen, und mit dem Fluſſe der Rede gleich-
„ſam Schritt halten zu laſſen. Der Bogen
„des Pandarus z. E. a)„ — aber wie kann Hr. L.
hier in Homers Beſchreibung eine Parallele der Fol-
ge in den Toͤnen, mit dem Coexſiſtiren der Theile,
und der Theile des Objekts mit den Theilen der
Rede finden? Wenn Homer uns den Bogen des
Pandarus mahlen will, und uns erſt auf die Jagd
des Steinbocks fuͤhret, aus deſſen Hoͤrnern der Bo-
gen gemacht worden: und uns erſt den Felſen zeigt,
wo ihn Pandarus erlegt, und nun erſt die Hoͤrner
des Steinbocks laͤngelang ausmißt; nun erſt ſie in
Ar-
a) Laok. p. 163. 164.
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