[Herder, Johann Gottfried von]: Kritische Wälder. Bd. 1. [Riga], 1769.Kritische Wälder. Er erklärt sie also zuerst für einen bloßen Stirn-
"Er konnte sich also auch ohne Hörner zeigen, sagt duld a) Laok. p. 95.
Kritiſche Waͤlder. Er erklaͤrt ſie alſo zuerſt fuͤr einen bloßen Stirn-
„Er konnte ſich alſo auch ohne Hoͤrner zeigen, ſagt duld a) Laok. p. 95.
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Kritiſche Waͤlder.
Er erklaͤrt ſie alſo zuerſt fuͤr einen bloßen Stirn-
ſchmuck a). Und woher ein Stirnſchmuck? Aus der
Stelle des Dichters —
tibi cum ſine cornibus adſtas
Virgineum caput eſt:
„Er konnte ſich alſo auch ohne Hoͤrner zeigen, ſagt
„Hr. L. und ſo waren die Hoͤrner ein Stirnſchmuck,
„den er aufſetzen und ablegen konnte.„ Wie?
folgt dieß letzte Alſo wohl aus der Stelle Ovids,
aus einer feierlichen Anruffung deſſelben? War
Bacchus nicht ein Gott? der ſich alſo auch, wie an-
dere Goͤtter, in mehr als einer Geſtalt zeigen, der
bald in jungfraͤulicher Schoͤnheit, bald im fuͤrch-
terlichen Schlachtgetuͤmmel fuͤrchterlich, bald als
ein ſchoͤner Juͤngling wie den Seeraͤubern Homers
erſcheinen konnte? Und hatte Bacchus dieß nicht
bloß mit andern Goͤttern gemein, ſondern zu ei-
nem ihm eigenen Vorzuge, der Gott von tauſend
Geſtalten (μυριομορφος) zu ſeyn, und alſo auch
die unzaͤlig vielen Beinamen zu haben, die ihm Or-
pheus, die Epigrammatiſten, Nonnus u. a. geben?
folgts da wohl aus der Stelle Ovids, daß Bacchus
— — dadurch διμορφος, πολυμορφος, μυριο-
μορφος werden koͤnne, wenn er — — ſeine Hoͤr-
ner ablege, wie ohngefaͤhr eine alte Jungfer ihre fal-
ſchen Zaͤhne und Bruͤſte? armes Lob! — Einen
frommen chriſtlichen Ehemann moͤgen ſeine Hoͤrner
einen bloßen Stirnſchmuck und eine Krone der Ge-
duld
a) Laok. p. 95.
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