Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 2. Riga, 1769.Zweites Wäldchen. Sollte, in Gedichten der Liebe, Amor nichts, 10. Der Rest der homerischen Briefe wird uns, Hr. Kl. H 3
Zweites Waͤldchen. Sollte, in Gedichten der Liebe, Amor nichts, 10. Der Reſt der homeriſchen Briefe wird uns, Hr. Kl. H 3
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Zweites Waͤldchen.
Sollte, in Gedichten der Liebe, Amor nichts,
als die perſonificirte Liebe, das Abſtractum dieſes
Begriffes in allegoriſche Geſtalt eingekleidet ſeyn —
arme Dichter der Liebe! das Reich eurer Phantaſie
iſt verwuͤſtet. Nicht mehr der mythologiſche Amor mit
allen ſeinen Geſchichtchen; eine metaphyſiſche Mas-
ke iſt euer Geſang. Alsdenn z. E. ſind die jacobi-
ſchen Taͤndeleien von Einem Amor, von dieſem und
jenem Amor, vom Amor, der Lerchen faͤngt, der
jetzt verſchwindet; jetzt uns eine Stunde Friede laͤßt;
jetzt unvermuthet unter Schmiedeknechten beim Vor-
beipaſſiren gefunden wird; jetzt, wie ein fliegendes
Jucken in der Haut wiederkommt; fade. Alsdenn
ſchrumpft das Reich erotiſcher Weſen in die wenigen
ſteifen Herrlichkeiten ein, die Hr. Kl. von ſeinen
Gemmen uns vorzaͤlt, und auch die ſind nicht ohne
mythologiſche Zuͤge. — — Kurz! wenn Hr. Kl.
ſeine Behauptungen nur halb uͤberdacht, kaum haͤt-
te ers ſich ſelbſt verantwortet, den mythologiſchen
Achtsbann niederzuſchreiben, der alle unſre Dich-
ter aus ſeiner poetiſchen Republik treibet. Jch hof-
fe, die Muſe werde dem neuen Plato, fuͤr einen
ſo buͤndigen Reichsſchluß, ſanfte Ruhe verliehen
haben!
10.
Der Reſt der homeriſchen Briefe wird uns,
wie ich glaube, den Weg verkuͤrzen.
Hr. Kl.
H 3
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