Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 2. Riga, 1769.Zweites Wäldchen. wägen, wie viel Grade christliche Zucht in seinenkomischen Erzälungen, oder, wie viel Quentchen un- schuldige Einfalt in Rosts Schäferstunden enthal- ten seyn mögen. Der Letzte ist gestorben, aber den bösen Wieland, Uz, Gleim und Lessing empfehle ich zur frühzeitigen Büßung und Bekehrung, bei Hrn. Klotz a) die Todesangst, und die reuige Pali- nodie eines Campans, den bußfertigen letzten Wunsch des La-Fontaine, das schreckliche Ende der lüderlichen Leute Regnier und Grecourt, und die scharfe Epanorthose des Beichtvaters Young zu le- sen, und thränendwäßrige Bußlieder, oder bis zum Gähnen erbauliche Kirchengesänge, als Opfer -- doch ich bin ja kein Casuiste. Alle rührende Todesfälle und Bußgedanken wesent- a) p. 151 -- 152. J 2
Zweites Waͤldchen. waͤgen, wie viel Grade chriſtliche Zucht in ſeinenkomiſchen Erzaͤlungen, oder, wie viel Quentchen un- ſchuldige Einfalt in Roſts Schaͤferſtunden enthal- ten ſeyn moͤgen. Der Letzte iſt geſtorben, aber den boͤſen Wieland, Uz, Gleim und Leſſing empfehle ich zur fruͤhzeitigen Buͤßung und Bekehrung, bei Hrn. Klotz a) die Todesangſt, und die reuige Pali- nodie eines Campans, den bußfertigen letzten Wunſch des La-Fontaine, das ſchreckliche Ende der luͤderlichen Leute Regnier und Grecourt, und die ſcharfe Epanorthoſe des Beichtvaters Young zu le- ſen, und thraͤnendwaͤßrige Bußlieder, oder bis zum Gaͤhnen erbauliche Kirchengeſaͤnge, als Opfer — doch ich bin ja kein Caſuiſte. Alle ruͤhrende Todesfaͤlle und Bußgedanken weſent- a) p. 151 — 152. J 2
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Zweites Waͤldchen.
waͤgen, wie viel Grade chriſtliche Zucht in ſeinen
komiſchen Erzaͤlungen, oder, wie viel Quentchen un-
ſchuldige Einfalt in Roſts Schaͤferſtunden enthal-
ten ſeyn moͤgen. Der Letzte iſt geſtorben, aber den
boͤſen Wieland, Uz, Gleim und Leſſing empfehle
ich zur fruͤhzeitigen Buͤßung und Bekehrung, bei
Hrn. Klotz a) die Todesangſt, und die reuige Pali-
nodie eines Campans, den bußfertigen letzten
Wunſch des La-Fontaine, das ſchreckliche Ende der
luͤderlichen Leute Regnier und Grecourt, und die
ſcharfe Epanorthoſe des Beichtvaters Young zu le-
ſen, und thraͤnendwaͤßrige Bußlieder, oder bis zum
Gaͤhnen erbauliche Kirchengeſaͤnge, als Opfer —
doch ich bin ja kein Caſuiſte.
Alle ruͤhrende Todesfaͤlle und Bußgedanken
uͤbergangen, nehme ich bei Herr Klotzen nur Eins
in Anſpruch, daß die bona fama ehrlicher
Dichter nicht nach ihren Geſaͤngen beurtheilt
werden muͤſſe, daß ſie ſeit ewiger Zeit das Pri-
vilegium von ihrem Luͤgengott Apollo empfan-
gen, Dinge von ſich ſelbſt ſagen zu koͤnnen, die
ihnen kein andrer, der bonae famae wegen, nach-
ſagen darf: und daß man ihnen, dieſen leichtſinni-
gen Schleuderern von Einfaͤllen, eben nicht durch-
aus den Ruͤckſprung wehren doͤrfe, den Teucer Hin-
ter den Schild Ajax nahm: caſtum decet eſſe poe-
tam, verſus etc. daß es wenigſtens immer einen
weſent-
a) p. 151 — 152.
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