Harduin z. E. schießt den stumpfen Pfeil gegen Ho- raz ab: daß, da die Satyren desselben so ganz anders, als seine Oden seyn, Horaz die Oden nicht geschrie- ben habe, solche Oden kaum habe schreiben können. Harduin also weiß so sicher zu schließen, als in un- sern Zeiten Hr. Dusch, der es Lessingen in die Au- gen demonstrirt hat, daß Er, Lessing, der Catull in Kleinigkeiten, durchaus kein tragisches Genie seyn könne. Was soll nun der Retter Horaz? Den harduinschen Anfall als thöricht zeigen, und dazu sind für Vernünftige ein Paar Worte gnug! -- Ja! mein Leser! so wohlfeil kommen wir bei un- serm Vindex nicht ab! Auf sechs langen Seiten a) schüttet er uns den locus communis aus, den er, etwa als Knabe, vormals in seine Collektaneen zu- sammengetragen: non omnia possumus omnes; sunt autem, quibus etiam plura tentare licuit! und so treten wider das Luftspiel des tollen Har- duins nicht weniger, als zwei und funfzig bewaff- nete Männer auf, Beispiele, die zuerst, nach Kriegs- list, mit ihm gemeinschaftliche Sache zu machen scheinen. Plötzlich aber bricht der Hinterhalt her- vor, und Harduin! du bist verlohren! -- Nun sage man: soll diese Exempelarmee gegen Harduin strei- ten? Nichts kleingrößers! nichts lächerlichers! oder soll sie eine Auseinandersetzung des Satzes seyn: wie fern ein Genie sich an Einerlei und an Mehrer-
lei
a)p. 18 -- 23.
N 5
Zweites Waͤldchen.
Harduin z. E. ſchießt den ſtumpfen Pfeil gegen Ho- raz ab: daß, da die Satyren deſſelben ſo ganz anders, als ſeine Oden ſeyn, Horaz die Oden nicht geſchrie- ben habe, ſolche Oden kaum habe ſchreiben koͤnnen. Harduin alſo weiß ſo ſicher zu ſchließen, als in un- ſern Zeiten Hr. Duſch, der es Leſſingen in die Au- gen demonſtrirt hat, daß Er, Leſſing, der Catull in Kleinigkeiten, durchaus kein tragiſches Genie ſeyn koͤnne. Was ſoll nun der Retter Horaz? Den harduinſchen Anfall als thoͤricht zeigen, und dazu ſind fuͤr Vernuͤnftige ein Paar Worte gnug! — Ja! mein Leſer! ſo wohlfeil kommen wir bei un- ſerm Vindex nicht ab! Auf ſechs langen Seiten a) ſchuͤttet er uns den locus communis aus, den er, etwa als Knabe, vormals in ſeine Collektaneen zu- ſammengetragen: non omnia poſſumus omnes; ſunt autem, quibus etiam plura tentare licuit! und ſo treten wider das Luftſpiel des tollen Har- duins nicht weniger, als zwei und funfzig bewaff- nete Maͤnner auf, Beiſpiele, die zuerſt, nach Kriegs- liſt, mit ihm gemeinſchaftliche Sache zu machen ſcheinen. Ploͤtzlich aber bricht der Hinterhalt her- vor, und Harduin! du biſt verlohren! — Nun ſage man: ſoll dieſe Exempelarmee gegen Harduin ſtrei- ten? Nichts kleingroͤßers! nichts laͤcherlichers! oder ſoll ſie eine Auseinanderſetzung des Satzes ſeyn: wie fern ein Genie ſich an Einerlei und an Mehrer-
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Zweites Waͤldchen.
Harduin z. E. ſchießt den ſtumpfen Pfeil gegen Ho-
raz ab: daß, da die Satyren deſſelben ſo ganz anders,
als ſeine Oden ſeyn, Horaz die Oden nicht geſchrie-
ben habe, ſolche Oden kaum habe ſchreiben koͤnnen.
Harduin alſo weiß ſo ſicher zu ſchließen, als in un-
ſern Zeiten Hr. Duſch, der es Leſſingen in die Au-
gen demonſtrirt hat, daß Er, Leſſing, der Catull
in Kleinigkeiten, durchaus kein tragiſches Genie ſeyn
koͤnne. Was ſoll nun der Retter Horaz? Den
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duins nicht weniger, als zwei und funfzig bewaff-
nete Maͤnner auf, Beiſpiele, die zuerſt, nach Kriegs-
liſt, mit ihm gemeinſchaftliche Sache zu machen
ſcheinen. Ploͤtzlich aber bricht der Hinterhalt her-
vor, und Harduin! du biſt verlohren! — Nun ſage
man: ſoll dieſe Exempelarmee gegen Harduin ſtrei-
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Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 2. Riga, 1769, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische02_1769/207>, abgerufen am 20.07.2024.
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