"gen der Mode auf der "Kleidung der Münzen "wahrnimmt. Sie wür- "den es für lächerlich ge- "halten haben, einen Rö- "mischen Kaiser mit ei- "nem Griechischen Man- "tel, oder einer Phrygi- "schen Mütze zu kleiden. "Hingegen unsre heutige "Münzen sind voll To- "gen, Tuniken, Trabeen "und Paludamente, nebst "einer Menge von andern "dergleichen abgekomme- "nen Kleidern, welche seit "tausend Jahren nicht "mehr gewöhnlich gewe- "sen. Man siehet oft ei- "nen König von England "oder Frankreich als ei- "nen Julius Cäsar geklei- "det: man sollte denken, "sie hätten bei den Nach- "kommen vor Römische "Kaiser angesehen seyn "wollen -- -- --
[Spaltenumbruch]
"allein (man denke sich "den schönen Gegensatz!) "allein ich kenne nicht "die alten Originale, nach "welchen die geharnisch- "ten Brustbilder auf den "meisten neuen Münzen "gezeichnet seyn sollen. "Es bleibt diese Abbil- "dung doch alle Zeit für "unsre Zeiten fremd, und "sie stellt eine Sache vor, "die wir in der Natur "nicht mehr sehen. Ha- "ben sich die Römer je- "mals in Egyptischer Klei- "dung oder mit Parthi- "schen Tiaren abbilden "lassen? Würden sie nicht, "wenn sie das gethan hät- "ten, was unsre Fürsten "thun, der Nachkom- "menschaft ganz falsche "Begriffe von den Trach- "ten ihrer Zeiten beige- "bracht haben? u. s. "f. -- -- --
"Wir
"Lon-
Kritiſche Waͤlder.
[Spaltenumbruch]
„gen der Mode auf der „Kleidung der Muͤnzen „wahrnimmt. Sie wuͤr- „den es fuͤr laͤcherlich ge- „halten haben, einen Roͤ- „miſchen Kaiſer mit ei- „nem Griechiſchen Man- „tel, oder einer Phrygi- „ſchen Muͤtze zu kleiden. „Hingegen unſre heutige „Muͤnzen ſind voll To- „gen, Tuniken, Trabeen „und Paludamente, nebſt „einer Menge von andern „dergleichen abgekomme- „nen Kleidern, welche ſeit „tauſend Jahren nicht „mehr gewoͤhnlich gewe- „ſen. Man ſiehet oft ei- „nen Koͤnig von England „oder Frankreich als ei- „nen Julius Caͤſar geklei- „det: man ſollte denken, „ſie haͤtten bei den Nach- „kommen vor Roͤmiſche „Kaiſer angeſehen ſeyn „wollen — — —
[Spaltenumbruch]
„allein (man denke ſich „den ſchoͤnen Gegenſatz!) „allein ich kenne nicht „die alten Originale, nach „welchen die geharniſch- „ten Bruſtbilder auf den „meiſten neuen Muͤnzen „gezeichnet ſeyn ſollen. „Es bleibt dieſe Abbil- „dung doch alle Zeit fuͤr „unſre Zeiten fremd, und „ſie ſtellt eine Sache vor, „die wir in der Natur „nicht mehr ſehen. Ha- „ben ſich die Roͤmer je- „mals in Egyptiſcher Klei- „dung oder mit Parthi- „ſchen Tiaren abbilden „laſſen? Wuͤrden ſie nicht, „wenn ſie das gethan haͤt- „ten, was unſre Fuͤrſten „thun, der Nachkom- „menſchaft ganz falſche „Begriffe von den Trach- „ten ihrer Zeiten beige- „bracht haben? u. ſ. „f. — — —
„Wir
„Lon-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0048"n="42"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Kritiſche Waͤlder.</hi></fw><lb/><cb/><cit><quote><p>„gen der Mode auf der<lb/>„Kleidung der Muͤnzen<lb/>„wahrnimmt. Sie wuͤr-<lb/>„den es fuͤr laͤcherlich ge-<lb/>„halten haben, einen Roͤ-<lb/>„miſchen Kaiſer mit ei-<lb/>„nem Griechiſchen Man-<lb/>„tel, oder einer Phrygi-<lb/>„ſchen Muͤtze zu kleiden.<lb/>„Hingegen unſre heutige<lb/>„Muͤnzen ſind voll To-<lb/>„gen, Tuniken, Trabeen<lb/>„und Paludamente, nebſt<lb/>„einer Menge von andern<lb/>„dergleichen abgekomme-<lb/>„nen Kleidern, welche ſeit<lb/>„tauſend Jahren nicht<lb/>„mehr gewoͤhnlich gewe-<lb/>„ſen. Man ſiehet oft ei-<lb/>„nen Koͤnig von England<lb/>„oder Frankreich als ei-<lb/>„nen Julius Caͤſar geklei-<lb/>„det: man ſollte denken,<lb/>„ſie haͤtten bei den Nach-<lb/>„kommen vor Roͤmiſche<lb/>„Kaiſer angeſehen ſeyn<lb/>„wollen ———</p></quote><bibl/></cit><lb/><fwplace="bottom"type="catch">„Wir</fw><lb/><cb/><cit><quote><p>„allein (man denke ſich<lb/>„den ſchoͤnen Gegenſatz!)<lb/>„allein ich <hirendition="#fr">kenne nicht</hi><lb/>„die alten Originale, nach<lb/>„welchen die geharniſch-<lb/>„ten Bruſtbilder auf den<lb/>„meiſten neuen Muͤnzen<lb/>„gezeichnet ſeyn ſollen.<lb/>„Es bleibt dieſe Abbil-<lb/>„dung doch alle Zeit fuͤr<lb/>„unſre Zeiten fremd, und<lb/>„ſie ſtellt eine Sache vor,<lb/>„die wir in der Natur<lb/>„nicht mehr ſehen. Ha-<lb/>„ben ſich die Roͤmer je-<lb/>„mals in Egyptiſcher Klei-<lb/>„dung oder mit Parthi-<lb/>„ſchen Tiaren abbilden<lb/>„laſſen? Wuͤrden ſie nicht,<lb/>„wenn ſie das gethan haͤt-<lb/>„ten, was unſre Fuͤrſten<lb/>„thun, der Nachkom-<lb/>„menſchaft ganz falſche<lb/>„Begriffe von den Trach-<lb/>„ten ihrer Zeiten beige-<lb/>„bracht haben? u. ſ.<lb/>„f. ———</p></quote><bibl/></cit><lb/><fwplace="bottom"type="catch">„Lon-</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[42/0048]
Kritiſche Waͤlder.
„gen der Mode auf der
„Kleidung der Muͤnzen
„wahrnimmt. Sie wuͤr-
„den es fuͤr laͤcherlich ge-
„halten haben, einen Roͤ-
„miſchen Kaiſer mit ei-
„nem Griechiſchen Man-
„tel, oder einer Phrygi-
„ſchen Muͤtze zu kleiden.
„Hingegen unſre heutige
„Muͤnzen ſind voll To-
„gen, Tuniken, Trabeen
„und Paludamente, nebſt
„einer Menge von andern
„dergleichen abgekomme-
„nen Kleidern, welche ſeit
„tauſend Jahren nicht
„mehr gewoͤhnlich gewe-
„ſen. Man ſiehet oft ei-
„nen Koͤnig von England
„oder Frankreich als ei-
„nen Julius Caͤſar geklei-
„det: man ſollte denken,
„ſie haͤtten bei den Nach-
„kommen vor Roͤmiſche
„Kaiſer angeſehen ſeyn
„wollen — — —
„Wir
„allein (man denke ſich
„den ſchoͤnen Gegenſatz!)
„allein ich kenne nicht
„die alten Originale, nach
„welchen die geharniſch-
„ten Bruſtbilder auf den
„meiſten neuen Muͤnzen
„gezeichnet ſeyn ſollen.
„Es bleibt dieſe Abbil-
„dung doch alle Zeit fuͤr
„unſre Zeiten fremd, und
„ſie ſtellt eine Sache vor,
„die wir in der Natur
„nicht mehr ſehen. Ha-
„ben ſich die Roͤmer je-
„mals in Egyptiſcher Klei-
„dung oder mit Parthi-
„ſchen Tiaren abbilden
„laſſen? Wuͤrden ſie nicht,
„wenn ſie das gethan haͤt-
„ten, was unſre Fuͤrſten
„thun, der Nachkom-
„menſchaft ganz falſche
„Begriffe von den Trach-
„ten ihrer Zeiten beige-
„bracht haben? u. ſ.
„f. — — —
„Lon-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 3. Riga, 1769, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische03_1769/48>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.