Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 3. Riga, 1769.Kritische Wälder. merkwürdigste bei Hr. Kl. in Vergleichungalter und neuer Münzen ist Addison jämmer- lich geraubt: jämmerlich, denn der Britte redet bestimmt, bündig, angenehm; der kopirende Deut- sche kopirt und kompilirt unordentlich, unbestimmt, mit schönem Non-sense durchstückt! O Ehre unsrer Nation und Zeiten! Auf Hrn. Kl. möchte ich am allerwenigsten so Bei Addison sprechen drei Freunde: jeder auch stel-
Kritiſche Waͤlder. merkwuͤrdigſte bei Hr. Kl. in Vergleichungalter und neuer Muͤnzen iſt Addiſon jaͤmmer- lich geraubt: jaͤmmerlich, denn der Britte redet beſtimmt, buͤndig, angenehm; der kopirende Deut- ſche kopirt und kompilirt unordentlich, unbeſtimmt, mit ſchoͤnem Non-ſenſe durchſtuͤckt! O Ehre unſrer Nation und Zeiten! Auf Hrn. Kl. moͤchte ich am allerwenigſten ſo Bei Addiſon ſprechen drei Freunde: jeder auch ſtel-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0050" n="44"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Kritiſche Waͤlder.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">merkwuͤrdigſte bei Hr. Kl. in Vergleichung<lb/> alter und neuer Muͤnzen iſt Addiſon jaͤmmer-<lb/> lich</hi> geraubt: jaͤmmerlich, denn der Britte redet<lb/> beſtimmt, buͤndig, angenehm; der kopirende Deut-<lb/> ſche kopirt und kompilirt unordentlich, unbeſtimmt,<lb/> mit ſchoͤnem Non-ſenſe durchſtuͤckt! O Ehre unſrer<lb/> Nation und Zeiten!</p><lb/> <p>Auf Hrn. Kl. moͤchte ich am allerwenigſten ſo<lb/> ein Wort hingeſagt haben, wovon nicht die Probe<lb/> den Augen aller Welt vorlaͤge: hier ſind noch ein<lb/> Paar Streiche mehr, die den Kompilator verrathen,<lb/> den Kompilator; der nichts, gar nichts in ſeinem<lb/> Original umſonſt geleſen haben will, und der ſich<lb/> doch wieder nie will merken laſſen, daß er abſchreibt;<lb/> der immer den Schweif haͤngen laͤßt, um ſeine<lb/> Spuren zu vertreiben, und der ſeinen Schleichgang<lb/> eben damit deſto ſichrer verraͤth — laß ſehen!</p><lb/> <p>Bei Addiſon ſprechen drei Freunde: jeder auch<lb/> in dieſen Muͤnzmaterien von eigner Denkart, ein<lb/> eigner Charakter. Cynthio, dem die Muͤnzwiſ-<lb/> ſenſchaſt unnuͤtz duͤnkt, kann alſo Einwuͤrfe ma-<lb/> chen, die Eugen nicht machen kann, die Philander<lb/> beantworten muß. Eugen haͤlt zwiſchen beiden<lb/> das Gleichgewicht, und bleibt Eugen: Philander<lb/> iſt Philander — und eben daher, aus dem Un-<lb/> terſchiede der Charaktere wird eine freundſchaftliche<lb/> Gruppe. Jeder ſteht in ſeiner Geſtalt, in ſeinem<lb/> Lichte da, und Addiſon, der geſellſchaftlichſte Schrift-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſtel-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [44/0050]
Kritiſche Waͤlder.
merkwuͤrdigſte bei Hr. Kl. in Vergleichung
alter und neuer Muͤnzen iſt Addiſon jaͤmmer-
lich geraubt: jaͤmmerlich, denn der Britte redet
beſtimmt, buͤndig, angenehm; der kopirende Deut-
ſche kopirt und kompilirt unordentlich, unbeſtimmt,
mit ſchoͤnem Non-ſenſe durchſtuͤckt! O Ehre unſrer
Nation und Zeiten!
Auf Hrn. Kl. moͤchte ich am allerwenigſten ſo
ein Wort hingeſagt haben, wovon nicht die Probe
den Augen aller Welt vorlaͤge: hier ſind noch ein
Paar Streiche mehr, die den Kompilator verrathen,
den Kompilator; der nichts, gar nichts in ſeinem
Original umſonſt geleſen haben will, und der ſich
doch wieder nie will merken laſſen, daß er abſchreibt;
der immer den Schweif haͤngen laͤßt, um ſeine
Spuren zu vertreiben, und der ſeinen Schleichgang
eben damit deſto ſichrer verraͤth — laß ſehen!
Bei Addiſon ſprechen drei Freunde: jeder auch
in dieſen Muͤnzmaterien von eigner Denkart, ein
eigner Charakter. Cynthio, dem die Muͤnzwiſ-
ſenſchaſt unnuͤtz duͤnkt, kann alſo Einwuͤrfe ma-
chen, die Eugen nicht machen kann, die Philander
beantworten muß. Eugen haͤlt zwiſchen beiden
das Gleichgewicht, und bleibt Eugen: Philander
iſt Philander — und eben daher, aus dem Un-
terſchiede der Charaktere wird eine freundſchaftliche
Gruppe. Jeder ſteht in ſeiner Geſtalt, in ſeinem
Lichte da, und Addiſon, der geſellſchaftlichſte Schrift-
ſtel-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |