Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 3. Riga, 1769.Drittes Wäldchen. wurf zu bringen? bei keiner auf den Boden derSache sehen, aus dem sie sich erhob und aufblü- hete? die verschiedensten Zeitpunkte überweg ver- gleichen, die kaum einer Vergleichung fähig sind? O des armseligen Alterthumskenners! keines Na- mens unwürdiger, als dessen! Sein klingender Beitrag ist eine Satyre auf unsre Zeiten und Völ- ker, so fein, so gründlich, so treffend, als seine mo- res eruditorum, als sein genius seculi. Nichts als ridicula kann er schreiben; aber seine ridicula literaria und monetaria sind von einem Gepräge. Eine Geschichte des Geschmacks auf Münzen, an F 2
Drittes Waͤldchen. wurf zu bringen? bei keiner auf den Boden derSache ſehen, aus dem ſie ſich erhob und aufbluͤ- hete? die verſchiedenſten Zeitpunkte uͤberweg ver- gleichen, die kaum einer Vergleichung faͤhig ſind? O des armſeligen Alterthumskenners! keines Na- mens unwuͤrdiger, als deſſen! Sein klingender Beitrag iſt eine Satyre auf unſre Zeiten und Voͤl- ker, ſo fein, ſo gruͤndlich, ſo treffend, als ſeine mo- res eruditorum, als ſein genius ſeculi. Nichts als ridicula kann er ſchreiben; aber ſeine ridicula literaria und monetaria ſind von einem Gepraͤge. Eine Geſchichte des Geſchmacks auf Muͤnzen, an F 2
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Drittes Waͤldchen.
wurf zu bringen? bei keiner auf den Boden der
Sache ſehen, aus dem ſie ſich erhob und aufbluͤ-
hete? die verſchiedenſten Zeitpunkte uͤberweg ver-
gleichen, die kaum einer Vergleichung faͤhig ſind?
O des armſeligen Alterthumskenners! keines Na-
mens unwuͤrdiger, als deſſen! Sein klingender
Beitrag iſt eine Satyre auf unſre Zeiten und Voͤl-
ker, ſo fein, ſo gruͤndlich, ſo treffend, als ſeine mo-
res eruditorum, als ſein genius ſeculi. Nichts
als ridicula kann er ſchreiben; aber ſeine ridicula
literaria und monetaria ſind von einem Gepraͤge.
Eine Geſchichte des Geſchmacks auf Muͤnzen,
was iſt ſie, wenn ſie uns bei den Griechen die Ur-
ſachen des Geſchmacks nicht entwickelt: jetzt Grie-
chen und Roͤmer vergleicht, und auch bei dieſen
nichts erklaͤret? Was iſt ſie, wenn ſie nicht genau
auf die Veranlaſſungen merket, durch welche der
Geſchmack fiel, den falſchen Geſchmack, der ſich
ſtatt des Roͤmiſchen einſchlich, nicht zergliedert, die-
ſen neuen Gothiſch Chriſtlichen Geſchmack nicht bis
auf ſeine Quellen, und bis in die Abgruͤnde der
Diplomatik, Heraldik und Staatsgeſchichte, die
ſeine Abfluͤſſe ſind, verfolgt, auf keine ſeiner Haupt-
veraͤnderungen merket, die Reformation des Ge-
ſchmacks, die eigentlichen Verdienſte der Reforma-
toren nicht beſtimmet, dem Lauſe ihrer Verbeſſe-
rungen nicht nacheilet: die Reſte des alten Herkom-
mens, die ſich ihm widerſetzten, nicht pruͤfet: und
an
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