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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767.

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Zum Voraus ein Wort in einer Pa-
renthese. Jch glaube, wenige Beurtheilun-
gen der Litteraturbriefe sind so schielend, und
gebrechlich, als diese, * die einem Lehrmei-
stertone sich nähert: die bei dem Geräusche
arm, bei aller Pracht von Belesenheit und
Kritischer Einsicht kurzsichtig, und bei allen
Planen und Vorschlägen dürre seyn möchte.
Die angebohrne Lebhaftigkeit des Recens. ver-
spricht dem Dithyrambendichter scharf zuzu-
sezzen, und zuckt jedesmal zurück, um sich in
Präceptorpredigten zu verlieren. Was soll
die Frage heissen: Kann man Deutsche Di-
thyramben machen? Kann man nicht Deut-
sche,
so kann man auch keine Malabarische
Dithyramben machen, was die Sprache be-
trifft; und bei Dithyramben dörfte diese nur
zulezt in Betracht kommen. Was darf es
der Recens. mit so vieler Gelehrsamkeit be-
weisen, daß wir keine Dithyramben übrig ha-
ben? der Verfasser dörfte dieses ja aus dem
lieben E. Schmid allenfalls wissen! Und
womit beweiset es der Kunstrichter denn,

daß
* Litt. Br. Th. 21. p. 37.
U 4

Zum Voraus ein Wort in einer Pa-
rentheſe. Jch glaube, wenige Beurtheilun-
gen der Litteraturbriefe ſind ſo ſchielend, und
gebrechlich, als dieſe, * die einem Lehrmei-
ſtertone ſich naͤhert: die bei dem Geraͤuſche
arm, bei aller Pracht von Beleſenheit und
Kritiſcher Einſicht kurzſichtig, und bei allen
Planen und Vorſchlaͤgen duͤrre ſeyn moͤchte.
Die angebohrne Lebhaftigkeit des Recenſ. ver-
ſpricht dem Dithyrambendichter ſcharf zuzu-
ſezzen, und zuckt jedesmal zuruͤck, um ſich in
Praͤceptorpredigten zu verlieren. Was ſoll
die Frage heiſſen: Kann man Deutſche Di-
thyramben machen? Kann man nicht Deut-
ſche,
ſo kann man auch keine Malabariſche
Dithyramben machen, was die Sprache be-
trifft; und bei Dithyramben doͤrfte dieſe nur
zulezt in Betracht kommen. Was darf es
der Recenſ. mit ſo vieler Gelehrſamkeit be-
weiſen, daß wir keine Dithyramben uͤbrig ha-
ben? der Verfaſſer doͤrfte dieſes ja aus dem
lieben E. Schmid allenfalls wiſſen! Und
womit beweiſet es der Kunſtrichter denn,

daß
* Litt. Br. Th. 21. p. 37.
U 4
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[299/0131] Zum Voraus ein Wort in einer Pa- rentheſe. Jch glaube, wenige Beurtheilun- gen der Litteraturbriefe ſind ſo ſchielend, und gebrechlich, als dieſe, * die einem Lehrmei- ſtertone ſich naͤhert: die bei dem Geraͤuſche arm, bei aller Pracht von Beleſenheit und Kritiſcher Einſicht kurzſichtig, und bei allen Planen und Vorſchlaͤgen duͤrre ſeyn moͤchte. Die angebohrne Lebhaftigkeit des Recenſ. ver- ſpricht dem Dithyrambendichter ſcharf zuzu- ſezzen, und zuckt jedesmal zuruͤck, um ſich in Praͤceptorpredigten zu verlieren. Was ſoll die Frage heiſſen: Kann man Deutſche Di- thyramben machen? Kann man nicht Deut- ſche, ſo kann man auch keine Malabariſche Dithyramben machen, was die Sprache be- trifft; und bei Dithyramben doͤrfte dieſe nur zulezt in Betracht kommen. Was darf es der Recenſ. mit ſo vieler Gelehrſamkeit be- weiſen, daß wir keine Dithyramben uͤbrig ha- ben? der Verfaſſer doͤrfte dieſes ja aus dem lieben E. Schmid allenfalls wiſſen! Und womit beweiſet es der Kunſtrichter denn, daß * Litt. Br. Th. 21. p. 37. U 4

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/131>, abgerufen am 04.12.2024.