und dies zufällig; dies muß, und jenes darf nicht nachgeahmt werden, in einer fremden Sprache, bei einer ganz verschiednen Reli- gion, auf einer ganz verschiednen Stuffe der Litteratur, unter ganz andern Umständen und zu ganz andern Zwecken. Jch habe nach dieser schwachen Blödigkeit endlich geglaubt, daß der Charakter Pindars und Horazens am sichersten, nicht in dem, was, sondern wie sie es singen, ertappet werde, daß es nicht darauf ankomme, ob sie eben diese Materia- lien zu ihren Farben nähmen, sondern, daß hier die Manier zu mahlen in Betracht komme. Jch habe geglaubt, daß man, um ihren Geist zu erforschen, genau drauf Ach- tung geben müsse: wie sie die Umstände ihres Helden oder Vorfalls nüzzen, wie sie in der Anlage des Plans, in der Fortführung der Jdeen, der Art, Gleichnisse zu mahlen, und sie zu stellen u. s. w. sich charakterisirten. Jch glaube, daß eine Nachbildung schon den Na- men einer pindarischen oder horazischen Ode verdiene, (etwas, was ein Römer oder Grieche allein entscheiden müßte, der uns kennete,) die, damit ich das Gleichniß von einem Ge-
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und dies zufaͤllig; dies muß, und jenes darf nicht nachgeahmt werden, in einer fremden Sprache, bei einer ganz verſchiednen Reli- gion, auf einer ganz verſchiednen Stuffe der Litteratur, unter ganz andern Umſtaͤnden und zu ganz andern Zwecken. Jch habe nach dieſer ſchwachen Bloͤdigkeit endlich geglaubt, daß der Charakter Pindars und Horazens am ſicherſten, nicht in dem, was, ſondern wie ſie es ſingen, ertappet werde, daß es nicht darauf ankomme, ob ſie eben dieſe Materia- lien zu ihren Farben naͤhmen, ſondern, daß hier die Manier zu mahlen in Betracht komme. Jch habe geglaubt, daß man, um ihren Geiſt zu erforſchen, genau drauf Ach- tung geben muͤſſe: wie ſie die Umſtaͤnde ihres Helden oder Vorfalls nuͤzzen, wie ſie in der Anlage des Plans, in der Fortfuͤhrung der Jdeen, der Art, Gleichniſſe zu mahlen, und ſie zu ſtellen u. ſ. w. ſich charakteriſirten. Jch glaube, daß eine Nachbildung ſchon den Na- men einer pindariſchen oder horaziſchen Ode verdiene, (etwas, was ein Roͤmer oder Grieche allein entſcheiden muͤßte, der uns kennete,) die, damit ich das Gleichniß von einem Ge-
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und dies zufaͤllig; dies muß, und jenes darf
nicht nachgeahmt werden, in einer fremden
Sprache, bei einer ganz verſchiednen Reli-
gion, auf einer ganz verſchiednen Stuffe der
Litteratur, unter ganz andern Umſtaͤnden und
zu ganz andern Zwecken. Jch habe nach
dieſer ſchwachen Bloͤdigkeit endlich geglaubt,
daß der Charakter Pindars und Horazens am
ſicherſten, nicht in dem, was, ſondern wie
ſie es ſingen, ertappet werde, daß es nicht
darauf ankomme, ob ſie eben dieſe Materia-
lien zu ihren Farben naͤhmen, ſondern, daß
hier die Manier zu mahlen in Betracht
komme. Jch habe geglaubt, daß man, um
ihren Geiſt zu erforſchen, genau drauf Ach-
tung geben muͤſſe: wie ſie die Umſtaͤnde ihres
Helden oder Vorfalls nuͤzzen, wie ſie in der
Anlage des Plans, in der Fortfuͤhrung der
Jdeen, der Art, Gleichniſſe zu mahlen, und
ſie zu ſtellen u. ſ. w. ſich charakteriſirten. Jch
glaube, daß eine Nachbildung ſchon den Na-
men einer pindariſchen oder horaziſchen Ode
verdiene, (etwas, was ein Roͤmer oder Grieche
allein entſcheiden muͤßte, der uns kennete,)
die, damit ich das Gleichniß von einem Ge-
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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/141>, abgerufen am 21.11.2024.
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