Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767.einem Vokal schloß. Dieses ist zwar selten möglich zu machen, wir finden es indeß in einem jeden Vers einmal bis viermal. 7) Kein Hiatus beleidiget das Ohr, we- der in der Mitte des Verses, noch zwischen zweyen Versen. 8) Vom Reim müssen wir auch gestehen, daß keiner zweimal vorkömmt. Horaz schließt gleichfalls keinen Vers zweimal mit einerlei Worten. Ueberhaupt nimmt er nicht gern einerlei Worte zweimal in seine Ode; welches zu verstehen ist, von den vornehmern Worten, nicht von non, qui sunt etc. Die- ser Odendichter wird bei seiner Arbeit viel- leicht nicht alle diese Regeln deutlich gedacht haben, aber wie kömmt es, daß man sie am Ende doch alle beobachtet findet, und daß das Stück nichts dabey verloren hat? So stolz höret ein feines lyrisches Ohr, um
einem Vokal ſchloß. Dieſes iſt zwar ſelten moͤglich zu machen, wir finden es indeß in einem jeden Vers einmal bis viermal. 7) Kein Hiatus beleidiget das Ohr, we- der in der Mitte des Verſes, noch zwiſchen zweyen Verſen. 8) Vom Reim muͤſſen wir auch geſtehen, daß keiner zweimal vorkoͤmmt. Horaz ſchließt gleichfalls keinen Vers zweimal mit einerlei Worten. Ueberhaupt nimmt er nicht gern einerlei Worte zweimal in ſeine Ode; welches zu verſtehen iſt, von den vornehmern Worten, nicht von non, qui ſunt etc. Die- ſer Odendichter wird bei ſeiner Arbeit viel- leicht nicht alle dieſe Regeln deutlich gedacht haben, aber wie koͤmmt es, daß man ſie am Ende doch alle beobachtet findet, und daß das Stuͤck nichts dabey verloren hat? So ſtolz hoͤret ein feines lyriſches Ohr, um
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einem Vokal ſchloß. Dieſes iſt zwar ſelten
moͤglich zu machen, wir finden es indeß in
einem jeden Vers einmal bis viermal.
7) Kein Hiatus beleidiget das Ohr, we-
der in der Mitte des Verſes, noch zwiſchen
zweyen Verſen.
8) Vom Reim muͤſſen wir auch geſtehen,
daß keiner zweimal vorkoͤmmt. Horaz
ſchließt gleichfalls keinen Vers zweimal mit
einerlei Worten. Ueberhaupt nimmt er nicht
gern einerlei Worte zweimal in ſeine Ode;
welches zu verſtehen iſt, von den vornehmern
Worten, nicht von non, qui ſunt etc. Die-
ſer Odendichter wird bei ſeiner Arbeit viel-
leicht nicht alle dieſe Regeln deutlich gedacht
haben, aber wie koͤmmt es, daß man ſie am
Ende doch alle beobachtet findet, und daß das
Stuͤck nichts dabey verloren hat?
So ſtolz hoͤret ein feines lyriſches Ohr,
und ſollten auch einige dieſer Schoͤnheiten
wirklich verfliegen, wenn man ſie zu Regeln
macht: ſollten ſie auch, ſo bald als ſie Ge-
ſezze werden, Hinderniſſe ſeyn: ſo muß man
um
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