Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

die mit seinem Gegenstande verwandt gewesen,
sammlen und anführen. Dieses zeigt, daß
seine Einbildungskraft ganz damit angefüllt
sey, und nicht das Geringste habe verloren
gehen lassen.

Der Ausdruck wird so wenig als möglich
prächtig seyn dörfen. Reinlich und auch
zierlich -- sine squalore aber auch auro
absque ac gemmis.
Je natürlicher diese
Empfindung ist, je weniger sind die Worte
gesucht. Jch will eine kleine englische Elegie
hersetzen, die ich irgendwo in Musik gesezzt
gesehen habe: es ist die Anrede eines Mäd-
chens an ihren Geliebten:

Gentle Youth, o, tell me why
Tears are starting from my eye;
When each night from You I part
Why the sigh, that rends my heart?
Gentle Youth, o, tell me true,
Is it then the same with you?

Die
Verluste wird, und jeder Umstand das Bild
des Freundes zurückbringt.

die mit ſeinem Gegenſtande verwandt geweſen,
ſammlen und anfuͤhren. Dieſes zeigt, daß
ſeine Einbildungskraft ganz damit angefuͤllt
ſey, und nicht das Geringſte habe verloren
gehen laſſen.

Der Ausdruck wird ſo wenig als moͤglich
praͤchtig ſeyn doͤrfen. Reinlich und auch
zierlich — ſine ſqualore aber auch auro
absque ac gemmis.
Je natuͤrlicher dieſe
Empfindung iſt, je weniger ſind die Worte
geſucht. Jch will eine kleine engliſche Elegie
herſetzen, die ich irgendwo in Muſik geſezzt
geſehen habe: es iſt die Anrede eines Maͤd-
chens an ihren Geliebten:

Gentle Youth, o, tell me why
Tears are ſtarting from my eye;
When each night from You I part
Why the ſigh, that rends my heart?
Gentle Youth, o, tell me true,
Is it then the ſame with you?

Die
Verluſte wird, und jeder Umſtand das Bild
des Freundes zuruͤckbringt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0258" n="250"/>
die mit &#x017F;einem Gegen&#x017F;tande verwandt gewe&#x017F;en,<lb/>
&#x017F;ammlen und anfu&#x0364;hren. Die&#x017F;es zeigt, daß<lb/>
&#x017F;eine Einbildungskraft ganz damit angefu&#x0364;llt<lb/>
&#x017F;ey, und nicht das Gering&#x017F;te habe verloren<lb/>
gehen la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
                <p>Der Ausdruck wird &#x017F;o wenig als mo&#x0364;glich<lb/>
pra&#x0364;chtig &#x017F;eyn do&#x0364;rfen. Reinlich und auch<lb/>
zierlich &#x2014; <hi rendition="#aq">&#x017F;ine &#x017F;qualore</hi> aber auch <hi rendition="#aq">auro<lb/>
absque ac gemmis.</hi> Je natu&#x0364;rlicher die&#x017F;e<lb/>
Empfindung i&#x017F;t, je weniger &#x017F;ind die Worte<lb/>
ge&#x017F;ucht. Jch will eine kleine engli&#x017F;che Elegie<lb/>
her&#x017F;etzen, die ich irgendwo in Mu&#x017F;ik ge&#x017F;ezzt<lb/>
ge&#x017F;ehen habe: es i&#x017F;t die Anrede eines Ma&#x0364;d-<lb/>
chens an ihren Geliebten:</p><lb/>
                <cit>
                  <quote>
                    <lg type="poem">
                      <l> <hi rendition="#aq">Gentle Youth, o, tell me why</hi> </l><lb/>
                      <l> <hi rendition="#aq">Tears are &#x017F;tarting from my eye;</hi> </l><lb/>
                      <l> <hi rendition="#aq">When each night from You I part</hi> </l><lb/>
                      <l> <hi rendition="#aq">Why the &#x017F;igh, that rends my heart?</hi> </l><lb/>
                      <l> <hi rendition="#aq">Gentle Youth, o, tell me true,</hi> </l><lb/>
                      <l> <hi rendition="#aq">Is it then the &#x017F;ame with you?</hi> </l>
                    </lg>
                  </quote>
                </cit><lb/>
                <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
                <p>
                  <note xml:id="seg2pn_23_2" prev="#seg2pn_23_1" place="foot" n="**">Verlu&#x017F;te wird, und jeder Um&#x017F;tand das Bild<lb/>
des Freundes zuru&#x0364;ckbringt.</note>
                </p><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0258] die mit ſeinem Gegenſtande verwandt geweſen, ſammlen und anfuͤhren. Dieſes zeigt, daß ſeine Einbildungskraft ganz damit angefuͤllt ſey, und nicht das Geringſte habe verloren gehen laſſen. Der Ausdruck wird ſo wenig als moͤglich praͤchtig ſeyn doͤrfen. Reinlich und auch zierlich — ſine ſqualore aber auch auro absque ac gemmis. Je natuͤrlicher dieſe Empfindung iſt, je weniger ſind die Worte geſucht. Jch will eine kleine engliſche Elegie herſetzen, die ich irgendwo in Muſik geſezzt geſehen habe: es iſt die Anrede eines Maͤd- chens an ihren Geliebten: Gentle Youth, o, tell me why Tears are ſtarting from my eye; When each night from You I part Why the ſigh, that rends my heart? Gentle Youth, o, tell me true, Is it then the ſame with you? Die ** ** Verluſte wird, und jeder Umſtand das Bild des Freundes zuruͤckbringt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/258
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/258>, abgerufen am 21.11.2024.