seine Worte und mit ihnen seine Jdeen wie- derfindet. Dies ist ein Wochenblatt zum Besten der Kinder? Sollen Kinder es le- sen? Der Titel lügt, oder es ist ihnen mit allen seinen Abhandlungen, und Fabeln, und Gedichten eine Quaal! Sollen Eltern es le- sen? Haben sie dazu Zeit? Jst dies ihnen zu wissen nöthig? Gibt es ihnen, worinn sie Rath wollen und brauchen, kurz und gut, Rath? Spricht es die Sprache der Eltern, die ans Herz dringt? Nein! Für Hofmeister mag das ein Buch seyn, die langweilig, wie die Ver- fasser, denken wollen! -- Jch urtheile zu dreust? wohl! so schenke man mit mehrere Beispiele, über die ich noch dreuster schreiben würde: man lese an verschiednen Orten die Litteraturbriefe, und höre, was ein Schrift- steller schreibt, den ich nicht genug lesen kann:*
"Es hat sich in der feinern Welt nach und "nach eine Sprache aus der Metaphysik und "andern Wissenschaften eingeführt; es haben "sich Redensarten aus andern Sprachen in "die unsrige eingeschlichen, die jeder sinnrei-
"che
* Abbt vom Verdienste, p. 349.
ſeine Worte und mit ihnen ſeine Jdeen wie- derfindet. Dies iſt ein Wochenblatt zum Beſten der Kinder? Sollen Kinder es le- ſen? Der Titel luͤgt, oder es iſt ihnen mit allen ſeinen Abhandlungen, und Fabeln, und Gedichten eine Quaal! Sollen Eltern es le- ſen? Haben ſie dazu Zeit? Jſt dies ihnen zu wiſſen noͤthig? Gibt es ihnen, worinn ſie Rath wollen und brauchen, kurz und gut, Rath? Spricht es die Sprache der Eltern, die ans Herz dringt? Nein! Fuͤr Hofmeiſter mag das ein Buch ſeyn, die langweilig, wie die Ver- faſſer, denken wollen! — Jch urtheile zu dreuſt? wohl! ſo ſchenke man mit mehrere Beiſpiele, uͤber die ich noch dreuſter ſchreiben wuͤrde: man leſe an verſchiednen Orten die Litteraturbriefe, und hoͤre, was ein Schrift- ſteller ſchreibt, den ich nicht genug leſen kann:*
„Es hat ſich in der feinern Welt nach und „nach eine Sprache aus der Metaphyſik und „andern Wiſſenſchaften eingefuͤhrt; es haben „ſich Redensarten aus andern Sprachen in „die unſrige eingeſchlichen, die jeder ſinnrei-
„che
* Abbt vom Verdienſte, p. 349.
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ſeine Worte und mit ihnen ſeine Jdeen wie-
derfindet. Dies iſt ein Wochenblatt zum
Beſten der Kinder? Sollen Kinder es le-
ſen? Der Titel luͤgt, oder es iſt ihnen mit
allen ſeinen Abhandlungen, und Fabeln, und
Gedichten eine Quaal! Sollen Eltern es le-
ſen? Haben ſie dazu Zeit? Jſt dies ihnen zu
wiſſen noͤthig? Gibt es ihnen, worinn ſie
Rath wollen und brauchen, kurz und gut, Rath?
Spricht es die Sprache der Eltern, die ans
Herz dringt? Nein! Fuͤr Hofmeiſter mag das
ein Buch ſeyn, die langweilig, wie die Ver-
faſſer, denken wollen! — Jch urtheile zu
dreuſt? wohl! ſo ſchenke man mit mehrere
Beiſpiele, uͤber die ich noch dreuſter ſchreiben
wuͤrde: man leſe an verſchiednen Orten die
Litteraturbriefe, und hoͤre, was ein Schrift-
ſteller ſchreibt, den ich nicht genug leſen
kann: *
„Es hat ſich in der feinern Welt nach und
„nach eine Sprache aus der Metaphyſik und
„andern Wiſſenſchaften eingefuͤhrt; es haben
„ſich Redensarten aus andern Sprachen in
„die unſrige eingeſchlichen, die jeder ſinnrei-
„che
* Abbt vom Verdienſte, p. 349.
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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/67>, abgerufen am 25.11.2024.
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