Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767.Jnhalt. I. Eine Aussicht über die neuere römische Litteratur. 1. Die neuere Litteratur hat durchaus eine latei- nische Gestalt. Da wir alles durch die Hände der Römer bekommen: so haben sie uns alles geraubt, was wir hatten. Seite 5 2. Die Wiederhersteller der Wissenschaften haben allem eine römische Form gegeben, und unter der Herrschaft der lateinischen Sprache hat die unsre sehr ihre alte Stärke verloren. 20 3. Jn den Schulen hat lange ein lateinischer Geist geherrscht, der Genies, brauchbare Männer, und selbst Gelehrte hindert. 35 4. Unsre wissenschaftliche Sprache hat einen la- teinischen Zuschnitt, mithin die Wissenschasten selbst. 46 5. Wie fern klebt der Gedanke am Ausdruck in der Sprache des gemeinen Lebens? Anwen- dung auf die Schriften, die über gemeine Sa- chen, für den gemeinen Mann, und für das Frauenzimmer geschrieben werden. 50 6. Jn der Dichtkunst ist Gedanke und Ausdruck wie Seele und Leib, und nie zu trennen. 65 7. Ein wahrer Dichter muß in seiner Sprache schreiben. 75 8. Was gewinnt der neuere lateinische Dichter, und was wagt er für sich? 86 9. Was gewinnt und wagt er, wenn dieser Ge- schmack allgemein wird. 96 10. Wie klebt in der Weltweisheit der Gedanke am Ausdruck, sinnlich, technisch und gram- matisch? 102 11. Es ist der Tod der Philosophie, nach ihrer Ma- terie und Form den Gedanken blos eingehüllt in gewisse Ausdrücke zu betrachten. 107 12. Anwendung auf den wissenschaftlichen Vor- trag. 116 II. Vom
Jnhalt. I. Eine Ausſicht uͤber die neuere roͤmiſche Litteratur. 1. Die neuere Litteratur hat durchaus eine latei- niſche Geſtalt. Da wir alles durch die Haͤnde der Roͤmer bekommen: ſo haben ſie uns alles geraubt, was wir hatten. Seite 5 2. Die Wiederherſteller der Wiſſenſchaften haben allem eine roͤmiſche Form gegeben, und unter der Herrſchaft der lateiniſchen Sprache hat die unſre ſehr ihre alte Staͤrke verloren. 20 3. Jn den Schulen hat lange ein lateiniſcher Geiſt geherrſcht, der Genies, brauchbare Maͤnner, und ſelbſt Gelehrte hindert. 35 4. Unſre wiſſenſchaftliche Sprache hat einen la- teiniſchen Zuſchnitt, mithin die Wiſſenſchaſten ſelbſt. 46 5. Wie fern klebt der Gedanke am Ausdruck in der Sprache des gemeinen Lebens? Anwen- dung auf die Schriften, die uͤber gemeine Sa- chen, fuͤr den gemeinen Mann, und fuͤr das Frauenzimmer geſchrieben werden. 50 6. Jn der Dichtkunſt iſt Gedanke und Ausdruck wie Seele und Leib, und nie zu trennen. 65 7. Ein wahrer Dichter muß in ſeiner Sprache ſchreiben. 75 8. Was gewinnt der neuere lateiniſche Dichter, und was wagt er fuͤr ſich? 86 9. Was gewinnt und wagt er, wenn dieſer Ge- ſchmack allgemein wird. 96 10. Wie klebt in der Weltweisheit der Gedanke am Ausdruck, ſinnlich, techniſch und gram- matiſch? 102 11. Es iſt der Tod der Philoſophie, nach ihrer Ma- terie und Form den Gedanken blos eingehuͤllt in gewiſſe Ausdruͤcke zu betrachten. 107 12. Anwendung auf den wiſſenſchaftlichen Vor- trag. 116 II. Vom
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Jnhalt.
I. Eine Ausſicht uͤber die neuere roͤmiſche Litteratur.
1. Die neuere Litteratur hat durchaus eine latei-
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der Roͤmer bekommen: ſo haben ſie uns alles
geraubt, was wir hatten. Seite 5
2. Die Wiederherſteller der Wiſſenſchaften haben
allem eine roͤmiſche Form gegeben, und unter
der Herrſchaft der lateiniſchen Sprache hat die
unſre ſehr ihre alte Staͤrke verloren. 20
3. Jn den Schulen hat lange ein lateiniſcher
Geiſt geherrſcht, der Genies, brauchbare
Maͤnner, und ſelbſt Gelehrte hindert. 35
4. Unſre wiſſenſchaftliche Sprache hat einen la-
teiniſchen Zuſchnitt, mithin die Wiſſenſchaſten
ſelbſt. 46
5. Wie fern klebt der Gedanke am Ausdruck in
der Sprache des gemeinen Lebens? Anwen-
dung auf die Schriften, die uͤber gemeine Sa-
chen, fuͤr den gemeinen Mann, und fuͤr das
Frauenzimmer geſchrieben werden. 50
6. Jn der Dichtkunſt iſt Gedanke und Ausdruck
wie Seele und Leib, und nie zu trennen. 65
7. Ein wahrer Dichter muß in ſeiner Sprache
ſchreiben. 75
8. Was gewinnt der neuere lateiniſche Dichter,
und was wagt er fuͤr ſich? 86
9. Was gewinnt und wagt er, wenn dieſer Ge-
ſchmack allgemein wird. 96
10. Wie klebt in der Weltweisheit der Gedanke
am Ausdruck, ſinnlich, techniſch und gram-
matiſch? 102
11. Es iſt der Tod der Philoſophie, nach ihrer Ma-
terie und Form den Gedanken blos eingehuͤllt
in gewiſſe Ausdruͤcke zu betrachten. 107
12. Anwendung auf den wiſſenſchaftlichen Vor-
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