mich dünkt, noch nicht vollständig. -- Wohl! es fällt mir ein Platonisches Mährchen ein, wie der schöne Körper ein Geschöpf, ein Vote, ein Spiegel, ein Werkzeug einer schönen Seele sey, wie in ihm die Gegen- wart der Götter wohne, und die himmlische Schönheit einen Abdruck in ihn gesenkt, der uns an die obere Vollkommenheit erinnert: ich sezze diese schöne Sokratische Bilder zusam- men, und zeige meinen Lesern ein Bild, daß Gedanke und Wort, Empfindung und Ausdruck sich zu einander verhalten, wie Platons Seele zum Körper.
Wenn einer von meinen Lesern, der bei den Werken der Alten, in das Jahrhundert der goldnen Zeit und einfachen Natur entzückt gewesen ist, sich bei meiner Erzälung dessen erinnert, was er hier in diesem Elysium für Gedanken gesehen, für Ausdrücke gehört, und wie beide in einander geflossen sind: wie wür- de ich mich freuen, wenn einer von diesen mir Recht gäbe, und damit mich schadlos hielte, daß zehn schöne Geister, die sich in das schöne Kleid, und den Putz des Costume, in die schö- nen Fingerspitzen der Chineserschönheiten, in
das
mich duͤnkt, noch nicht vollſtaͤndig. — Wohl! es faͤllt mir ein Platoniſches Maͤhrchen ein, wie der ſchoͤne Koͤrper ein Geſchoͤpf, ein Vote, ein Spiegel, ein Werkzeug einer ſchoͤnen Seele ſey, wie in ihm die Gegen- wart der Goͤtter wohne, und die himmliſche Schoͤnheit einen Abdruck in ihn geſenkt, der uns an die obere Vollkommenheit erinnert: ich ſezze dieſe ſchoͤne Sokratiſche Bilder zuſam- men, und zeige meinen Leſern ein Bild, daß Gedanke und Wort, Empfindung und Ausdruck ſich zu einander verhalten, wie Platons Seele zum Koͤrper.
Wenn einer von meinen Leſern, der bei den Werken der Alten, in das Jahrhundert der goldnen Zeit und einfachen Natur entzuͤckt geweſen iſt, ſich bei meiner Erzaͤlung deſſen erinnert, was er hier in dieſem Elyſium fuͤr Gedanken geſehen, fuͤr Ausdruͤcke gehoͤrt, und wie beide in einander gefloſſen ſind: wie wuͤr- de ich mich freuen, wenn einer von dieſen mir Recht gaͤbe, und damit mich ſchadlos hielte, daß zehn ſchoͤne Geiſter, die ſich in das ſchoͤne Kleid, und den Putz des Coſtume, in die ſchoͤ- nen Fingerſpitzen der Chineſerſchoͤnheiten, in
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mich duͤnkt, noch nicht vollſtaͤndig. — Wohl!
es faͤllt mir ein Platoniſches Maͤhrchen ein,
wie der ſchoͤne Koͤrper ein Geſchoͤpf, ein
Vote, ein Spiegel, ein Werkzeug einer
ſchoͤnen Seele ſey, wie in ihm die Gegen-
wart der Goͤtter wohne, und die himmliſche
Schoͤnheit einen Abdruck in ihn geſenkt, der
uns an die obere Vollkommenheit erinnert:
ich ſezze dieſe ſchoͤne Sokratiſche Bilder zuſam-
men, und zeige meinen Leſern ein Bild, daß
Gedanke und Wort, Empfindung und
Ausdruck ſich zu einander verhalten, wie
Platons Seele zum Koͤrper.
Wenn einer von meinen Leſern, der bei den
Werken der Alten, in das Jahrhundert der
goldnen Zeit und einfachen Natur entzuͤckt
geweſen iſt, ſich bei meiner Erzaͤlung deſſen
erinnert, was er hier in dieſem Elyſium fuͤr
Gedanken geſehen, fuͤr Ausdruͤcke gehoͤrt, und
wie beide in einander gefloſſen ſind: wie wuͤr-
de ich mich freuen, wenn einer von dieſen mir
Recht gaͤbe, und damit mich ſchadlos hielte,
daß zehn ſchoͤne Geiſter, die ſich in das ſchoͤne
Kleid, und den Putz des Coſtume, in die ſchoͤ-
nen Fingerſpitzen der Chineſerſchoͤnheiten, in
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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/78>, abgerufen am 26.11.2024.
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