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[Herder, Johann Gottfried von]: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. [Riga], 1774.

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in deinen zu klugen, altgreisen Jahren -- siehe
um dich! der größte Theil von Nationen der
Erde ist noch in Kindheit, reden alle noch die,
Sprache, haben die Sitten, geben die Vorbil-
der des Grads der Bildung -- wohin du un-
ter sogenannte Wilde reisest und horchest, tö-
nen Laute zur Erläuterung der Schrift!
wehen lebendige Kommentare der Offenba-
rung!

Die Abgötterey, die die Griechen und Rö-
mer
so viel Jahrhunderte genossen; der oft
fanatische Eifer, mit dem alles bey ihnen auf-
gesucht, ins Licht gesetzt, vertheidigt, gelobt
worden -- welche grosse Vorarbeiten und
Beyträge! Wenn der Geist der übertriebnen
Verehrung wird gedämpft; die Partheylich-
keit, mit der ein jeder sein Volk, als eine Pan-
dora, liebkoset, gnug ins Gleichgewicht gebracht
seyn -- ihr Griechen und Römer, denn wer-
den wir euch kennen und ordnen!

Es hat sich ein Nebenweg zu den Arabern
gezeigt, und eine Welt von Denkmälern liegt
da, um sie zu kennen. Es haben sich, obwohl
zu ganz andern Zwecken, Denkmäler der mitt-
lern Geschichte
vorgefunden, theils wird sich,
was noch im Staube liegt (wenn alles von

unsrer



in deinen zu klugen, altgreiſen Jahren — ſiehe
um dich! der groͤßte Theil von Nationen der
Erde iſt noch in Kindheit, reden alle noch die,
Sprache, haben die Sitten, geben die Vorbil-
der des Grads der Bildung — wohin du un-
ter ſogenannte Wilde reiſeſt und horcheſt, toͤ-
nen Laute zur Erlaͤuterung der Schrift!
wehen lebendige Kommentare der Offenba-
rung!

Die Abgoͤtterey, die die Griechen und Roͤ-
mer
ſo viel Jahrhunderte genoſſen; der oft
fanatiſche Eifer, mit dem alles bey ihnen auf-
geſucht, ins Licht geſetzt, vertheidigt, gelobt
worden — welche groſſe Vorarbeiten und
Beytraͤge! Wenn der Geiſt der uͤbertriebnen
Verehrung wird gedaͤmpft; die Partheylich-
keit, mit der ein jeder ſein Volk, als eine Pan-
dora, liebkoſet, gnug ins Gleichgewicht gebracht
ſeyn — ihr Griechen und Roͤmer, denn wer-
den wir euch kennen und ordnen!

Es hat ſich ein Nebenweg zu den Arabern
gezeigt, und eine Welt von Denkmaͤlern liegt
da, um ſie zu kennen. Es haben ſich, obwohl
zu ganz andern Zwecken, Denkmaͤler der mitt-
lern Geſchichte
vorgefunden, theils wird ſich,
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[155/0159] in deinen zu klugen, altgreiſen Jahren — ſiehe um dich! der groͤßte Theil von Nationen der Erde iſt noch in Kindheit, reden alle noch die, Sprache, haben die Sitten, geben die Vorbil- der des Grads der Bildung — wohin du un- ter ſogenannte Wilde reiſeſt und horcheſt, toͤ- nen Laute zur Erlaͤuterung der Schrift! wehen lebendige Kommentare der Offenba- rung! Die Abgoͤtterey, die die Griechen und Roͤ- mer ſo viel Jahrhunderte genoſſen; der oft fanatiſche Eifer, mit dem alles bey ihnen auf- geſucht, ins Licht geſetzt, vertheidigt, gelobt worden — welche groſſe Vorarbeiten und Beytraͤge! Wenn der Geiſt der uͤbertriebnen Verehrung wird gedaͤmpft; die Partheylich- keit, mit der ein jeder ſein Volk, als eine Pan- dora, liebkoſet, gnug ins Gleichgewicht gebracht ſeyn — ihr Griechen und Roͤmer, denn wer- den wir euch kennen und ordnen! Es hat ſich ein Nebenweg zu den Arabern gezeigt, und eine Welt von Denkmaͤlern liegt da, um ſie zu kennen. Es haben ſich, obwohl zu ganz andern Zwecken, Denkmaͤler der mitt- lern Geſchichte vorgefunden, theils wird ſich, was noch im Staube liegt (wenn alles von unſrer

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Zitationshilfe: [Herder, Johann Gottfried von]: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. [Riga], 1774, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_philosophie_1774/159>, abgerufen am 24.11.2024.