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[Herder, Johann Gottfried von]: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. [Riga], 1774.

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Welt und Nachwelt! Ewiger Sokrates,
würkend
und nicht blos die todte Busse mit
Pappellaube bekränzt wie wirs Unsterblichkeit
nennen! Jener sprach anschaulich, lebendig,
im engen Bezirke: und sein Wort fand eine so
gute Stelle. -- Xenophon und Plato dichte-
ten ihn in ihre Denkbücher und Gespräche:
es waren nur Manuscripte, zum Glück für
uns, besser als hundert andre, dem wegschwem-
menden Strom der Zeit entronnen. Was du
schreibst, sollte Wort für Wort, Welt und
Ewigkeit werth seyn,
weil du, (wenigstens
Materialien und Möglichkeit nach,) für Welt
und Ewigkeit schreibest.
Jn wessen Hand
kann deine Schrift kommen! im Kreise, wie wür-
diger Männer und Richter solltest du reden!
Tugend lehren, in dem Lichte und Klarheit, wies
Sokrates in seinem Alter noch nicht konnte!
zur Menschenliebe anmuntern, die, wenn sie
seyn könnte, wahrhaftig mehr als Vater-
lands-
und Bürgerliebe wäre! Glückselig-
keit auch in Zuständen, auch unter Situatio-
nen,
verbreiten, wie jene mit den dreyßig
Heilanden des Vaterlands, denen auch ihre
Statuen
gesetzt waren, kaum seyn mochten --
Sokrates der Menschheit!

Leh-


Welt und Nachwelt! Ewiger Sokrates,
wuͤrkend
und nicht blos die todte Buſſe mit
Pappellaube bekraͤnzt wie wirs Unſterblichkeit
nennen! Jener ſprach anſchaulich, lebendig,
im engen Bezirke: und ſein Wort fand eine ſo
gute Stelle. — Xenophon und Plato dichte-
ten ihn in ihre Denkbuͤcher und Geſpraͤche:
es waren nur Manuſcripte, zum Gluͤck fuͤr
uns, beſſer als hundert andre, dem wegſchwem-
menden Strom der Zeit entronnen. Was du
ſchreibſt, ſollte Wort fuͤr Wort, Welt und
Ewigkeit werth ſeyn,
weil du, (wenigſtens
Materialien und Moͤglichkeit nach,) fuͤr Welt
und Ewigkeit ſchreibeſt.
Jn weſſen Hand
kann deine Schrift kommen! im Kreiſe, wie wuͤr-
diger Maͤnner und Richter ſollteſt du reden!
Tugend lehren, in dem Lichte und Klarheit, wies
Sokrates in ſeinem Alter noch nicht konnte!
zur Menſchenliebe anmuntern, die, wenn ſie
ſeyn koͤnnte, wahrhaftig mehr als Vater-
lands-
und Buͤrgerliebe waͤre! Gluͤckſelig-
keit auch in Zuſtaͤnden, auch unter Situatio-
nen,
verbreiten, wie jene mit den dreyßig
Heilanden des Vaterlands, denen auch ihre
Statuen
geſetzt waren, kaum ſeyn mochten —
Sokrates der Menſchheit!

Leh-
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[159/0163] Welt und Nachwelt! Ewiger Sokrates, wuͤrkend und nicht blos die todte Buſſe mit Pappellaube bekraͤnzt wie wirs Unſterblichkeit nennen! Jener ſprach anſchaulich, lebendig, im engen Bezirke: und ſein Wort fand eine ſo gute Stelle. — Xenophon und Plato dichte- ten ihn in ihre Denkbuͤcher und Geſpraͤche: es waren nur Manuſcripte, zum Gluͤck fuͤr uns, beſſer als hundert andre, dem wegſchwem- menden Strom der Zeit entronnen. Was du ſchreibſt, ſollte Wort fuͤr Wort, Welt und Ewigkeit werth ſeyn, weil du, (wenigſtens Materialien und Moͤglichkeit nach,) fuͤr Welt und Ewigkeit ſchreibeſt. Jn weſſen Hand kann deine Schrift kommen! im Kreiſe, wie wuͤr- diger Maͤnner und Richter ſollteſt du reden! Tugend lehren, in dem Lichte und Klarheit, wies Sokrates in ſeinem Alter noch nicht konnte! zur Menſchenliebe anmuntern, die, wenn ſie ſeyn koͤnnte, wahrhaftig mehr als Vater- lands- und Buͤrgerliebe waͤre! Gluͤckſelig- keit auch in Zuſtaͤnden, auch unter Situatio- nen, verbreiten, wie jene mit den dreyßig Heilanden des Vaterlands, denen auch ihre Statuen geſetzt waren, kaum ſeyn mochten — Sokrates der Menſchheit! Leh-

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Zitationshilfe: [Herder, Johann Gottfried von]: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. [Riga], 1774, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_philosophie_1774/163>, abgerufen am 21.11.2024.