[Herder, Johann Gottfried von]: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. [Riga], 1774.Neigungen und Känntnissen gebildet werden sollte, wie in Orient die Kindheit! Eben so leicht und unvermerkt als dort die Genese, war hier die Metamorphose. Aegypten war ohne Viehweide und Hir- scher
Neigungen und Kaͤnntniſſen gebildet werden ſollte, wie in Orient die Kindheit! Eben ſo leicht und unvermerkt als dort die Geneſe, war hier die Metamorphoſe. Aegypten war ohne Viehweide und Hir- ſcher
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Theil des Knabenalters der Menſchheit an
Neigungen und Kaͤnntniſſen gebildet werden
ſollte, wie in Orient die Kindheit! Eben ſo
leicht und unvermerkt als dort die Geneſe, war
hier die Metamorphoſe.
Aegypten war ohne Viehweide und Hir-
tenleben: der Patriarchengeiſt der erſten Huͤtte
gieng alſo verlohren. Aber aus Nilſchlamm
gebildet und von ihm befruchtet, gabs, bey-
nahe eben ſo leicht, den vortreflichſten Acker-
bau: Alſo ward die Schaͤferwelt von Sit-
ten, Neigungen, Kaͤnntniſſen ein Bezirk von
Ackermenſchen. Das Wanderleben hoͤrte
auf: es wurden veſte Sitze, Landeigenthum.
Laͤnder muſten ausgemeſſen, jedem das Seine
beſtimmt, jeder bey dem Seinen beſchuͤtzt wer-
den: jeden konnte man alſo auch bey dem
Seinen ſinden — es ward Landesſicherheit,
Pflege der Gerechtigkeit, Ordnung, Policey,
wie alles im Wanderleben des Orients nie
moͤglich geweſen: es ward neue Welt. Nun
kam eine Jnduſtrie auf, wie ſie der ſelige,
muͤßige Huͤttenwohner, der Pilger und Fremd-
ling auf Erden, nicht gekannt hatte: Kuͤnſte
erfunden, die jener weder brauchte noch zu
brauchen Luſt fuͤhlte. Bey dem Geiſt aͤgypti-
ſcher
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