Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878.

Bild:
<< vorherige Seite

werden (simultane Lichtinduction), sobald man aber die beiden
weißen Blätter schnell entfernt, weißlich erscheinen. Dies be-
ruht auf der schon erklärten successiven Lichtinduction. Der
Versuch ist nur eine Abänderung des Versuches, bei welchem man
ein schwarzes Object auf weißem Grunde fixirt und dann auf
einen schwarzen Grund blickt. Daß das plötzliche Hell- oder
Weißlichwerden des kurz vorher noch schwarzen Streifens sich
nicht aus der "Ermüdung" seiner Umgebung erklären läßt, wurde
schon in meiner ersten Mittheilung gezeigt.

3. Lege ich einen schmalen weißen Streifen auf schwarzen
Grund, fixire denselben eine Weile und ziehe ihn dann rasch weg,
oder schiebe ein gleich schwarzes Blatt darüber, so erscheint nun
das Schwarz an der Stelle des früheren Streifens dunkler und in
der nächsten Umgebung heller als kurz vorher.

Während der Betrachtung des weißen Streifens wurde in
seiner Umgebung die Assimilirung gesteigert, an der Stelle des
Streifens aber nahm die D-Erregbarkeit ab, während eine irgend
erhebliche A-Ermüdung, d. h. Erschöpfung des Assimilirungs-
materials (siehe den folg. §.) nicht stattfand. Deshalb erscheint
zwar bei genauer Beobachtung im ersten Momente nach Entfer-
nung des weißen Streifens an seiner Stelle ein schwach grauer
(das positive, jetzt aus dem Fortklingen der Erregung erklärte
Nachbild), sehr schnell aber wird die Stelle ganz schwarz, wäh-
rend ihre Umgebung sich aufhellt, weil hier die vorhergegangene
Unterstützung der Assimilirung weggefallen ist und das schwache
Licht der schwarzen Fläche sowie die inneren Reize jetzt eine
gesteigerte D-Erregbarkeit finden.

4. Fixire ich einen schwarzen Streifen auf weißem Grunde
und ziehe nach einer Weile den Streifen rasch weg oder schiebe
ein gleich weißes Blatt darüber, so sehe ich an Stelle des
schwarzen Streifens ein Weiß, das viel heller und reiner ist,
als das Weiß der übrigen Fläche und besonders von seiner
nächsten Umgebung absticht, welche häufig schmutzigweiß oder
hellgrau erscheint (Dunkelhof). Während der Betrachtung des
schwarzen Streifens wurde nämlich im entsprechenden Theile
des Sehorganes die Assimilirung von zwei Seiten her gesteigert,
daher das anfängliche tiefe Schwarz des Streifens; in nächster
Umgebung des Streifens aber fand eine stärkere Herabsetzung der

werden (simultane Lichtinduction), sobald man aber die beiden
weißen Blätter schnell entfernt, weißlich erscheinen. Dies be-
ruht auf der schon erklärten successiven Lichtinduction. Der
Versuch ist nur eine Abänderung des Versuches, bei welchem man
ein schwarzes Object auf weißem Grunde fixirt und dann auf
einen schwarzen Grund blickt. Daß das plötzliche Hell- oder
Weißlichwerden des kurz vorher noch schwarzen Streifens sich
nicht aus der „Ermüdung“ seiner Umgebung erklären läßt, wurde
schon in meiner ersten Mittheilung gezeigt.

3. Lege ich einen schmalen weißen Streifen auf schwarzen
Grund, fixire denselben eine Weile und ziehe ihn dann rasch weg,
oder schiebe ein gleich schwarzes Blatt darüber, so erscheint nun
das Schwarz an der Stelle des früheren Streifens dunkler und in
der nächsten Umgebung heller als kurz vorher.

Während der Betrachtung des weißen Streifens wurde in
seiner Umgebung die Assimilirung gesteigert, an der Stelle des
Streifens aber nahm die D-Erregbarkeit ab, während eine irgend
erhebliche A-Ermüdung, d. h. Erschöpfung des Assimilirungs-
materials (siehe den folg. §.) nicht stattfand. Deshalb erscheint
zwar bei genauer Beobachtung im ersten Momente nach Entfer-
nung des weißen Streifens an seiner Stelle ein schwach grauer
(das positive, jetzt aus dem Fortklingen der Erregung erklärte
Nachbild), sehr schnell aber wird die Stelle ganz schwarz, wäh-
rend ihre Umgebung sich aufhellt, weil hier die vorhergegangene
Unterstützung der Assimilirung weggefallen ist und das schwache
Licht der schwarzen Fläche sowie die inneren Reize jetzt eine
gesteigerte D-Erregbarkeit finden.

4. Fixire ich einen schwarzen Streifen auf weißem Grunde
und ziehe nach einer Weile den Streifen rasch weg oder schiebe
ein gleich weißes Blatt darüber, so sehe ich an Stelle des
schwarzen Streifens ein Weiß, das viel heller und reiner ist,
als das Weiß der übrigen Fläche und besonders von seiner
nächsten Umgebung absticht, welche häufig schmutzigweiß oder
hellgrau erscheint (Dunkelhof). Während der Betrachtung des
schwarzen Streifens wurde nämlich im entsprechenden Theile
des Sehorganes die Assimilirung von zwei Seiten her gesteigert,
daher das anfängliche tiefe Schwarz des Streifens; in nächster
Umgebung des Streifens aber fand eine stärkere Herabsetzung der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0106" n="98"/>
werden (simultane Lichtinduction), sobald man aber die beiden<lb/>
weißen Blätter schnell entfernt, weißlich erscheinen. Dies be-<lb/>
ruht auf der schon erklärten successiven Lichtinduction. Der<lb/>
Versuch ist nur eine Abänderung des Versuches, bei welchem man<lb/>
ein schwarzes Object auf weißem Grunde fixirt und dann auf<lb/>
einen schwarzen Grund blickt. Daß das plötzliche Hell- oder<lb/>
Weißlichwerden des kurz vorher noch schwarzen Streifens sich<lb/>
nicht aus der &#x201E;Ermüdung&#x201C; seiner Umgebung erklären läßt, wurde<lb/>
schon in meiner ersten Mittheilung gezeigt.</p><lb/>
          <p>3. Lege ich einen schmalen weißen Streifen auf schwarzen<lb/>
Grund, fixire denselben eine Weile und ziehe ihn dann rasch weg,<lb/>
oder schiebe ein gleich schwarzes Blatt darüber, so erscheint nun<lb/>
das Schwarz an der Stelle des früheren Streifens dunkler und in<lb/>
der nächsten Umgebung heller als kurz vorher.</p><lb/>
          <p>Während der Betrachtung des weißen Streifens wurde in<lb/>
seiner Umgebung die Assimilirung gesteigert, an der Stelle des<lb/>
Streifens aber nahm die <hi rendition="#i">D</hi>-Erregbarkeit ab, während eine irgend<lb/>
erhebliche <hi rendition="#i">A</hi>-Ermüdung, d. h. Erschöpfung des Assimilirungs-<lb/>
materials (siehe den folg. §.) nicht stattfand. Deshalb erscheint<lb/>
zwar bei genauer Beobachtung im ersten Momente nach Entfer-<lb/>
nung des weißen Streifens an seiner Stelle ein schwach grauer<lb/>
(das positive, jetzt aus dem Fortklingen der Erregung erklärte<lb/>
Nachbild), sehr schnell aber wird die Stelle ganz schwarz, wäh-<lb/>
rend ihre Umgebung sich aufhellt, weil hier die vorhergegangene<lb/>
Unterstützung der Assimilirung weggefallen ist und das schwache<lb/>
Licht der schwarzen Fläche sowie die inneren Reize jetzt eine<lb/>
gesteigerte <hi rendition="#i">D</hi>-Erregbarkeit finden.</p><lb/>
          <p>4. Fixire ich einen schwarzen Streifen auf weißem Grunde<lb/>
und ziehe nach einer Weile den Streifen rasch weg oder schiebe<lb/>
ein gleich weißes Blatt darüber, so sehe ich an Stelle des<lb/>
schwarzen Streifens ein Weiß, das viel heller und reiner ist,<lb/>
als das Weiß der übrigen Fläche und besonders von seiner<lb/>
nächsten Umgebung absticht, welche häufig schmutzigweiß oder<lb/>
hellgrau erscheint (Dunkelhof). Während der Betrachtung des<lb/>
schwarzen Streifens wurde nämlich im entsprechenden Theile<lb/>
des Sehorganes die Assimilirung von zwei Seiten her gesteigert,<lb/>
daher das anfängliche tiefe Schwarz des Streifens; in nächster<lb/>
Umgebung des Streifens aber fand eine stärkere Herabsetzung der<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[98/0106] werden (simultane Lichtinduction), sobald man aber die beiden weißen Blätter schnell entfernt, weißlich erscheinen. Dies be- ruht auf der schon erklärten successiven Lichtinduction. Der Versuch ist nur eine Abänderung des Versuches, bei welchem man ein schwarzes Object auf weißem Grunde fixirt und dann auf einen schwarzen Grund blickt. Daß das plötzliche Hell- oder Weißlichwerden des kurz vorher noch schwarzen Streifens sich nicht aus der „Ermüdung“ seiner Umgebung erklären läßt, wurde schon in meiner ersten Mittheilung gezeigt. 3. Lege ich einen schmalen weißen Streifen auf schwarzen Grund, fixire denselben eine Weile und ziehe ihn dann rasch weg, oder schiebe ein gleich schwarzes Blatt darüber, so erscheint nun das Schwarz an der Stelle des früheren Streifens dunkler und in der nächsten Umgebung heller als kurz vorher. Während der Betrachtung des weißen Streifens wurde in seiner Umgebung die Assimilirung gesteigert, an der Stelle des Streifens aber nahm die D-Erregbarkeit ab, während eine irgend erhebliche A-Ermüdung, d. h. Erschöpfung des Assimilirungs- materials (siehe den folg. §.) nicht stattfand. Deshalb erscheint zwar bei genauer Beobachtung im ersten Momente nach Entfer- nung des weißen Streifens an seiner Stelle ein schwach grauer (das positive, jetzt aus dem Fortklingen der Erregung erklärte Nachbild), sehr schnell aber wird die Stelle ganz schwarz, wäh- rend ihre Umgebung sich aufhellt, weil hier die vorhergegangene Unterstützung der Assimilirung weggefallen ist und das schwache Licht der schwarzen Fläche sowie die inneren Reize jetzt eine gesteigerte D-Erregbarkeit finden. 4. Fixire ich einen schwarzen Streifen auf weißem Grunde und ziehe nach einer Weile den Streifen rasch weg oder schiebe ein gleich weißes Blatt darüber, so sehe ich an Stelle des schwarzen Streifens ein Weiß, das viel heller und reiner ist, als das Weiß der übrigen Fläche und besonders von seiner nächsten Umgebung absticht, welche häufig schmutzigweiß oder hellgrau erscheint (Dunkelhof). Während der Betrachtung des schwarzen Streifens wurde nämlich im entsprechenden Theile des Sehorganes die Assimilirung von zwei Seiten her gesteigert, daher das anfängliche tiefe Schwarz des Streifens; in nächster Umgebung des Streifens aber fand eine stärkere Herabsetzung der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Aus pragmatischen Gründen wurde für das DTA die z… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hering_lichtsinn_1878
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hering_lichtsinn_1878/106
Zitationshilfe: Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hering_lichtsinn_1878/106>, abgerufen am 21.11.2024.