Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878.

Bild:
<< vorherige Seite

Die beschriebenen Versuche haben gelehrt, daß dunkle
Felder auf hellem Grunde bei längerer Fixation deshalb immer
heller werden, weil von der umgebenden hellen Fläche Licht auf
sie inducirt wird, welches immer deutlicher hervortritt, je mehr
man die objective Beleuchtung mindert. Denn dieses Heller-
werden trat nur an denjenigen objectiv dunklen Stellen beson-
ders deutlich hervor, welche an objectiv helle Flächen angrenzten
oder von solchen umgeben waren, während doch die Ermüdung
auf allen dunklen Theilen der Netzhaut gleichmäßig ausge-
schlossen blieb: Beweis, daß das simultan inducirte
Licht wirklich auf einer veränderten Erregung und
Empfindung, nicht aber auf einer durch unbewußte
Schlüsse hervorgerufenen falschen Vorstellung be-
ruht
.

§. 17.
Vom Zusammenhange zwischen dem simultanen
Contraste, der simultanen und der successiven
Lichtinduction
.

Die Veränderung, welche die Erscheinungen der simultanen
Lichtinduction zeigten, wenn die objective Beleuchtung gemindert
wurde, lehrte uns schon, daß die simultane Lichtinduction ohne
scharfe Grenze in die successive übergehen kann, und es wurde
dadurch anschaulich gemacht, wie beide Erscheinungen im Grunde
identisch sind. Daher müssen die innigen Beziehungen, welche,
wie ich in §. 12 meiner zweiten Mittheilung hervorhob, zwischen
successiver Lichtinduction und simultanem Contraste bestehen,
auch zwischen diesem und der simultanen Lichtinduction vor-
handen sein, was denn auch bei den vorhin beschriebenen Ver-
suchen ganz deutlich hervortritt. Der Zusammenhang aller drei
Vorgänge ist nämlich dieser: Im Beginne der fixirenden Be-
trachtung einer Grenzlinie zwischen Hellem und Dunklem er-
scheint das Dunkle, besonders in unmittelbarer Nähe des Hellen,
noch dunkler, als es bei Abwesenheit des Hellen erscheinen würde
-- simultaner Contrast --; setzen wir aber die Fixation
längere Zeit fort, so nimmt die anfängliche Verdunklung wieder
mehr und mehr ab und geht allmälig in eine Erhellung über,
die abermals in unmittelbarer Nähe der Grenzlinie am deut-

Die beschriebenen Versuche haben gelehrt, daß dunkle
Felder auf hellem Grunde bei längerer Fixation deshalb immer
heller werden, weil von der umgebenden hellen Fläche Licht auf
sie inducirt wird, welches immer deutlicher hervortritt, je mehr
man die objective Beleuchtung mindert. Denn dieses Heller-
werden trat nur an denjenigen objectiv dunklen Stellen beson-
ders deutlich hervor, welche an objectiv helle Flächen angrenzten
oder von solchen umgeben waren, während doch die Ermüdung
auf allen dunklen Theilen der Netzhaut gleichmäßig ausge-
schlossen blieb: Beweis, daß das simultan inducirte
Licht wirklich auf einer veränderten Erregung und
Empfindung, nicht aber auf einer durch unbewußte
Schlüsse hervorgerufenen falschen Vorstellung be-
ruht
.

§. 17.
Vom Zusammenhange zwischen dem simultanen
Contraste, der simultanen und der successiven
Lichtinduction
.

Die Veränderung, welche die Erscheinungen der simultanen
Lichtinduction zeigten, wenn die objective Beleuchtung gemindert
wurde, lehrte uns schon, daß die simultane Lichtinduction ohne
scharfe Grenze in die successive übergehen kann, und es wurde
dadurch anschaulich gemacht, wie beide Erscheinungen im Grunde
identisch sind. Daher müssen die innigen Beziehungen, welche,
wie ich in §. 12 meiner zweiten Mittheilung hervorhob, zwischen
successiver Lichtinduction und simultanem Contraste bestehen,
auch zwischen diesem und der simultanen Lichtinduction vor-
handen sein, was denn auch bei den vorhin beschriebenen Ver-
suchen ganz deutlich hervortritt. Der Zusammenhang aller drei
Vorgänge ist nämlich dieser: Im Beginne der fixirenden Be-
trachtung einer Grenzlinie zwischen Hellem und Dunklem er-
scheint das Dunkle, besonders in unmittelbarer Nähe des Hellen,
noch dunkler, als es bei Abwesenheit des Hellen erscheinen würde
simultaner Contrast —; setzen wir aber die Fixation
längere Zeit fort, so nimmt die anfängliche Verdunklung wieder
mehr und mehr ab und geht allmälig in eine Erhellung über,
die abermals in unmittelbarer Nähe der Grenzlinie am deut-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0050" n="42"/>
            <p>Die beschriebenen Versuche haben gelehrt, daß dunkle<lb/>
Felder auf hellem Grunde bei längerer Fixation deshalb immer<lb/>
heller werden, weil von der umgebenden hellen Fläche Licht auf<lb/>
sie inducirt wird, welches immer deutlicher hervortritt, je mehr<lb/>
man die objective Beleuchtung mindert. Denn dieses Heller-<lb/>
werden trat nur an denjenigen objectiv dunklen Stellen beson-<lb/>
ders deutlich hervor, welche an objectiv helle Flächen angrenzten<lb/>
oder von solchen umgeben waren, während doch die Ermüdung<lb/>
auf <hi rendition="#g">allen</hi> dunklen Theilen der Netzhaut gleichmäßig ausge-<lb/>
schlossen blieb: <hi rendition="#g">Beweis, daß das simultan inducirte<lb/>
Licht wirklich auf einer veränderten Erregung und<lb/>
Empfindung, nicht aber auf einer durch unbewußte<lb/>
Schlüsse hervorgerufenen falschen Vorstellung be-<lb/>
ruht</hi>.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 17.<lb/><hi rendition="#g">Vom Zusammenhange zwischen dem simultanen<lb/>
Contraste, der simultanen und der successiven<lb/>
Lichtinduction</hi>.</head><lb/>
            <p>Die Veränderung, welche die Erscheinungen der simultanen<lb/>
Lichtinduction zeigten, wenn die objective Beleuchtung gemindert<lb/>
wurde, lehrte uns schon, daß die simultane Lichtinduction ohne<lb/>
scharfe Grenze in die successive übergehen kann, und es wurde<lb/>
dadurch anschaulich gemacht, wie beide Erscheinungen im Grunde<lb/>
identisch sind. Daher müssen die innigen Beziehungen, welche,<lb/>
wie ich in §. 12 meiner zweiten Mittheilung hervorhob, zwischen<lb/>
successiver Lichtinduction und simultanem Contraste bestehen,<lb/>
auch zwischen diesem und der simultanen Lichtinduction vor-<lb/>
handen sein, was denn auch bei den vorhin beschriebenen Ver-<lb/>
suchen ganz deutlich hervortritt. Der Zusammenhang aller drei<lb/>
Vorgänge ist nämlich dieser: Im Beginne der fixirenden Be-<lb/>
trachtung einer Grenzlinie zwischen Hellem und Dunklem er-<lb/>
scheint das Dunkle, besonders in unmittelbarer Nähe des Hellen,<lb/>
noch dunkler, als es bei Abwesenheit des Hellen erscheinen würde<lb/>
&#x2014; <hi rendition="#g">simultaner Contrast</hi> &#x2014;; setzen wir aber die Fixation<lb/>
längere Zeit fort, so nimmt die anfängliche Verdunklung wieder<lb/>
mehr und mehr ab und geht allmälig in eine Erhellung über,<lb/>
die abermals in unmittelbarer Nähe der Grenzlinie am deut-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0050] Die beschriebenen Versuche haben gelehrt, daß dunkle Felder auf hellem Grunde bei längerer Fixation deshalb immer heller werden, weil von der umgebenden hellen Fläche Licht auf sie inducirt wird, welches immer deutlicher hervortritt, je mehr man die objective Beleuchtung mindert. Denn dieses Heller- werden trat nur an denjenigen objectiv dunklen Stellen beson- ders deutlich hervor, welche an objectiv helle Flächen angrenzten oder von solchen umgeben waren, während doch die Ermüdung auf allen dunklen Theilen der Netzhaut gleichmäßig ausge- schlossen blieb: Beweis, daß das simultan inducirte Licht wirklich auf einer veränderten Erregung und Empfindung, nicht aber auf einer durch unbewußte Schlüsse hervorgerufenen falschen Vorstellung be- ruht. §. 17. Vom Zusammenhange zwischen dem simultanen Contraste, der simultanen und der successiven Lichtinduction. Die Veränderung, welche die Erscheinungen der simultanen Lichtinduction zeigten, wenn die objective Beleuchtung gemindert wurde, lehrte uns schon, daß die simultane Lichtinduction ohne scharfe Grenze in die successive übergehen kann, und es wurde dadurch anschaulich gemacht, wie beide Erscheinungen im Grunde identisch sind. Daher müssen die innigen Beziehungen, welche, wie ich in §. 12 meiner zweiten Mittheilung hervorhob, zwischen successiver Lichtinduction und simultanem Contraste bestehen, auch zwischen diesem und der simultanen Lichtinduction vor- handen sein, was denn auch bei den vorhin beschriebenen Ver- suchen ganz deutlich hervortritt. Der Zusammenhang aller drei Vorgänge ist nämlich dieser: Im Beginne der fixirenden Be- trachtung einer Grenzlinie zwischen Hellem und Dunklem er- scheint das Dunkle, besonders in unmittelbarer Nähe des Hellen, noch dunkler, als es bei Abwesenheit des Hellen erscheinen würde — simultaner Contrast —; setzen wir aber die Fixation längere Zeit fort, so nimmt die anfängliche Verdunklung wieder mehr und mehr ab und geht allmälig in eine Erhellung über, die abermals in unmittelbarer Nähe der Grenzlinie am deut-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Aus pragmatischen Gründen wurde für das DTA die z… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hering_lichtsinn_1878
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hering_lichtsinn_1878/50
Zitationshilfe: Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hering_lichtsinn_1878/50>, abgerufen am 21.11.2024.