[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.Gigantisch thürmt sich vor mir ein Palast, Ich schaue durch die purpurnen Gardinen, Wie man im Schlaf nach einem Schwerte faßt, Mit sündigen, mit angstverwirrten Mienen. Gelb, wie die Krone, ist sein Angesicht, Er läßt zur Flucht sich tausend Rosse zäumen, Er stürzt zur Erde, und die Erde bricht -- O Gott der Rache, laß ihn weiter träumen! Das Häuschen dort am Bach -- ein schmaler Raum!
Unschuld und Hunger theilen drin Ein Bette. Doch gab der Herr dem Landmann seinen Traum, Daß ihn der Traum aus wachen Aengsten rette; Mit jedem Korn, das Morpheus Hand entfällt, Sieht er ein Saatenland sich golden säumen, Die enge Hütte weitet sich zur Welt -- O Gott der Armut, laß die Armen träumen! Gigantiſch thürmt ſich vor mir ein Palaſt, Ich ſchaue durch die purpurnen Gardinen, Wie man im Schlaf nach einem Schwerte faßt, Mit ſündigen, mit angſtverwirrten Mienen. Gelb, wie die Krone, iſt ſein Angeſicht, Er läßt zur Flucht ſich tauſend Roſſe zäumen, Er ſtürzt zur Erde, und die Erde bricht — O Gott der Rache, laß ihn weiter träumen! Das Häuschen dort am Bach — ein ſchmaler Raum!
Unſchuld und Hunger theilen drin Ein Bette. Doch gab der Herr dem Landmann ſeinen Traum, Daß ihn der Traum aus wachen Aengſten rette; Mit jedem Korn, das Morpheus Hand entfällt, Sieht er ein Saatenland ſich golden ſäumen, Die enge Hütte weitet ſich zur Welt — O Gott der Armut, laß die Armen träumen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0100" n="94"/> <lg n="4"> <l>Gigantiſch thürmt ſich vor mir ein Palaſt,</l><lb/> <l>Ich ſchaue durch die purpurnen Gardinen,</l><lb/> <l>Wie man im Schlaf nach einem Schwerte faßt,</l><lb/> <l>Mit ſündigen, mit angſtverwirrten Mienen.</l><lb/> <l>Gelb, wie die Krone, iſt ſein Angeſicht,</l><lb/> <l>Er läßt zur Flucht ſich tauſend Roſſe zäumen,</l><lb/> <l>Er ſtürzt zur Erde, und die Erde bricht —</l><lb/> <l>O Gott der Rache, laß ihn weiter träumen!</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Das Häuschen dort am Bach — ein ſchmaler Raum!</l><lb/> <l>Unſchuld und Hunger theilen drin Ein Bette.</l><lb/> <l>Doch gab der Herr dem Landmann ſeinen Traum,</l><lb/> <l>Daß ihn der Traum aus wachen Aengſten rette;</l><lb/> <l>Mit jedem Korn, das Morpheus Hand entfällt,</l><lb/> <l>Sieht er ein Saatenland ſich golden ſäumen,</l><lb/> <l>Die enge Hütte weitet ſich zur Welt —</l><lb/> <l>O Gott der Armut, laß die Armen träumen!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [94/0100]
Gigantiſch thürmt ſich vor mir ein Palaſt,
Ich ſchaue durch die purpurnen Gardinen,
Wie man im Schlaf nach einem Schwerte faßt,
Mit ſündigen, mit angſtverwirrten Mienen.
Gelb, wie die Krone, iſt ſein Angeſicht,
Er läßt zur Flucht ſich tauſend Roſſe zäumen,
Er ſtürzt zur Erde, und die Erde bricht —
O Gott der Rache, laß ihn weiter träumen!
Das Häuschen dort am Bach — ein ſchmaler Raum!
Unſchuld und Hunger theilen drin Ein Bette.
Doch gab der Herr dem Landmann ſeinen Traum,
Daß ihn der Traum aus wachen Aengſten rette;
Mit jedem Korn, das Morpheus Hand entfällt,
Sieht er ein Saatenland ſich golden ſäumen,
Die enge Hütte weitet ſich zur Welt —
O Gott der Armut, laß die Armen träumen!
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