[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 2. Zürich u. a., 1843.Junkert man immer noch viel und schätzt man Menschen noch immer Nur nach der Größe des Wurms, der sich im Fleische verbirgt? Mehrt die Canaille sich stark, seit jüngst in Gnaden geruht ward, Daß ein adliger Lump werde zum Bürger gemacht? Wie viel Pfaffen, o sprich, wie viel Trompeter des Glaubens, Wie viel Heilige stehn bei den Ministern in Gunst? Hat sich der Himmel gebührlich bedankt schon wegen des Sonntags Besserer Feier, die Ihm seine Getreuen votirt? Dann von der Staatszeitung zweideutigem Rufe verkünd' uns: Wer doch erfreut nunmehr ihrer Umar¬ mungen sich? Junkert man immer noch viel und ſchätzt man Menſchen noch immer Nur nach der Größe des Wurms, der ſich im Fleiſche verbirgt? Mehrt die Canaille ſich ſtark, ſeit jüngſt in Gnaden geruht ward, Daß ein adliger Lump werde zum Bürger gemacht? Wie viel Pfaffen, o ſprich, wie viel Trompeter des Glaubens, Wie viel Heilige ſtehn bei den Miniſtern in Gunſt? Hat ſich der Himmel gebührlich bedankt ſchon wegen des Sonntags Beſſerer Feier, die Ihm ſeine Getreuen votirt? Dann von der Staatszeitung zweideutigem Rufe verkünd' uns: Wer doch erfreut nunmehr ihrer Umar¬ mungen ſich? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0147" n="137"/> <l>Junkert man immer noch viel und ſchätzt<lb/><hi rendition="#right">man Menſchen noch immer</hi></l><lb/> <l>Nur nach der Größe des Wurms, der ſich<lb/><hi rendition="#right">im Fleiſche verbirgt?</hi></l><lb/> <l>Mehrt die Canaille ſich ſtark, ſeit jüngſt in<lb/><hi rendition="#right">Gnaden geruht ward,</hi></l><lb/> <l>Daß ein adliger Lump werde zum Bürger<lb/> gemacht?</l><lb/> <l>Wie viel Pfaffen, o ſprich, wie viel Trompeter<lb/><hi rendition="#right">des Glaubens,</hi></l><lb/> <l>Wie viel Heilige ſtehn bei den Miniſtern<lb/><hi rendition="#right">in Gunſt?</hi></l><lb/> <l>Hat ſich der Himmel gebührlich bedankt ſchon<lb/><hi rendition="#right">wegen des Sonntags</hi></l><lb/> <l>Beſſerer Feier, die Ihm ſeine Getreuen<lb/><hi rendition="#right">votirt?</hi></l><lb/> <l>Dann von der Staatszeitung zweideutigem<lb/><hi rendition="#right">Rufe verkünd' uns:</hi></l><lb/> <l>Wer doch erfreut nunmehr ihrer Umar¬<lb/><hi rendition="#right">mungen ſich?</hi></l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [137/0147]
Junkert man immer noch viel und ſchätzt
man Menſchen noch immer
Nur nach der Größe des Wurms, der ſich
im Fleiſche verbirgt?
Mehrt die Canaille ſich ſtark, ſeit jüngſt in
Gnaden geruht ward,
Daß ein adliger Lump werde zum Bürger
gemacht?
Wie viel Pfaffen, o ſprich, wie viel Trompeter
des Glaubens,
Wie viel Heilige ſtehn bei den Miniſtern
in Gunſt?
Hat ſich der Himmel gebührlich bedankt ſchon
wegen des Sonntags
Beſſerer Feier, die Ihm ſeine Getreuen
votirt?
Dann von der Staatszeitung zweideutigem
Rufe verkünd' uns:
Wer doch erfreut nunmehr ihrer Umar¬
mungen ſich?
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Zitationshilfe: | [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 2. Zürich u. a., 1843, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte02_1843/147>, abgerufen am 16.07.2024. |