[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 2. Zürich u. a., 1843."Mein armer Weber mag nur zetteln, Sein Fleiß und Schweiß -- was helfen sie? Das Volk muß Sarg und Wiege betteln: Allons, enfant de la patrie! Kind, dem sie unter meinem Herzen Die Lust am Leben schon vergällt, Geduld, bis wir im Haus der Schmerzen! Dort kommt das Volk zur Welt. "Sie feiern heut dem Gott der Armen,
Die reichen Herr'n, ein Freudenfest: Doch glaubt nicht, daß sich das Erbarmen An ihrem Tische sehen läßt, Daß je in ihre Festpokale Der Schimmer einer Thräne fällt -- Marsch, Lise, weiter, zum Spitale! Dort kommt das Volk zur Welt. „Mein armer Weber mag nur zetteln, Sein Fleiß und Schweiß — was helfen ſie? Das Volk muß Sarg und Wiege betteln: Allons, enfant de la patrie! Kind, dem ſie unter meinem Herzen Die Luſt am Leben ſchon vergällt, Geduld, bis wir im Haus der Schmerzen! Dort kommt das Volk zur Welt. „Sie feiern heut dem Gott der Armen,
Die reichen Herr'n, ein Freudenfeſt: Doch glaubt nicht, daß ſich das Erbarmen An ihrem Tiſche ſehen läßt, Daß je in ihre Feſtpokale Der Schimmer einer Thräne fällt — Marſch, Liſe, weiter, zum Spitale! Dort kommt das Volk zur Welt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0163" n="153"/> <lg n="2"> <l>„Mein armer Weber mag nur zetteln,</l><lb/> <l>Sein Fleiß und Schweiß — was helfen ſie?</l><lb/> <l>Das Volk muß Sarg und Wiege betteln:</l><lb/> <l><hi rendition="#aq">Allons, enfant de la patrie</hi>!</l><lb/> <l>Kind, dem ſie unter meinem Herzen</l><lb/> <l>Die Luſt am Leben ſchon vergällt,</l><lb/> <l>Geduld, bis wir im Haus der Schmerzen!</l><lb/> <l>Dort kommt das Volk zur Welt.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>„Sie feiern heut dem Gott der Armen,</l><lb/> <l>Die reichen Herr'n, ein Freudenfeſt:</l><lb/> <l>Doch glaubt nicht, daß ſich das Erbarmen</l><lb/> <l>An ihrem Tiſche ſehen läßt,</l><lb/> <l>Daß je in ihre Feſtpokale</l><lb/> <l>Der Schimmer einer Thräne fällt —</l><lb/> <l>Marſch, Liſe, weiter, zum Spitale!</l><lb/> <l>Dort kommt das Volk zur Welt.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [153/0163]
„Mein armer Weber mag nur zetteln,
Sein Fleiß und Schweiß — was helfen ſie?
Das Volk muß Sarg und Wiege betteln:
Allons, enfant de la patrie!
Kind, dem ſie unter meinem Herzen
Die Luſt am Leben ſchon vergällt,
Geduld, bis wir im Haus der Schmerzen!
Dort kommt das Volk zur Welt.
„Sie feiern heut dem Gott der Armen,
Die reichen Herr'n, ein Freudenfeſt:
Doch glaubt nicht, daß ſich das Erbarmen
An ihrem Tiſche ſehen läßt,
Daß je in ihre Feſtpokale
Der Schimmer einer Thräne fällt —
Marſch, Liſe, weiter, zum Spitale!
Dort kommt das Volk zur Welt.
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Zitationshilfe: | [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 2. Zürich u. a., 1843, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte02_1843/163>, abgerufen am 16.02.2025. |