Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 2. Zürich u. a., 1843.

Bild:
<< vorherige Seite
Da stehst Du nun, mit zornigen Geberden,
Rathloser Fürst, inmitten Deiner Larven,
Der Larven, die sich nie entpuppen werden,
Erschaudernd vor der Wahrheit, vor der scharfen,
Und wirst der Gaukler eifriger Mäzen,
Die zwischen Licht und Finsterniß Dich warfen.
Zu scheu, der neuen Zeit in's Aug' zu sehn,
Zu beifallslüstern, um sie zu verachten,
Zu Hochgeboren, um sie zu verstehn:
Willst Du durch bunte Gläser sie betrachten,
Durch Gläser, die Dir deine Puppen schleifen,
Den letzten hellen Blick Dir zu umnachten?
Was half's Dir, ein Paar Blätter abzustreifen?
Du wirst den Drang der Schöpfung nimmer stillen,
Und schneller werden nur die Früchte reifen.
Du armer Spielball armer Camarillen!
Du konntest Deiner Zeit die Fahne tragen
Und trägst nun ihre Schleppe wider Willen.
Da ſtehſt Du nun, mit zornigen Geberden,
Rathloſer Fürſt, inmitten Deiner Larven,
Der Larven, die ſich nie entpuppen werden,
Erſchaudernd vor der Wahrheit, vor der ſcharfen,
Und wirſt der Gaukler eifriger Mäzen,
Die zwiſchen Licht und Finſterniß Dich warfen.
Zu ſcheu, der neuen Zeit in's Aug' zu ſehn,
Zu beifallslüſtern, um ſie zu verachten,
Zu Hochgeboren, um ſie zu verſtehn:
Willſt Du durch bunte Gläſer ſie betrachten,
Durch Gläſer, die Dir deine Puppen ſchleifen,
Den letzten hellen Blick Dir zu umnachten?
Was half's Dir, ein Paar Blätter abzuſtreifen?
Du wirſt den Drang der Schöpfung nimmer ſtillen,
Und ſchneller werden nur die Früchte reifen.
Du armer Spielball armer Camarillen!
Du konnteſt Deiner Zeit die Fahne tragen
Und trägſt nun ihre Schleppe wider Willen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0173" n="163"/>
          <lg n="22">
            <l>Da &#x017F;teh&#x017F;t Du nun, mit zornigen Geberden,</l><lb/>
            <l>Rathlo&#x017F;er Für&#x017F;t, inmitten Deiner Larven,</l><lb/>
            <l>Der Larven, die &#x017F;ich nie entpuppen werden,</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="23">
            <l>Er&#x017F;chaudernd vor der Wahrheit, vor der &#x017F;charfen,</l><lb/>
            <l>Und wir&#x017F;t der Gaukler eifriger Mäzen,</l><lb/>
            <l>Die zwi&#x017F;chen Licht und Fin&#x017F;terniß Dich warfen.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="24">
            <l>Zu &#x017F;cheu, der neuen Zeit in's Aug' zu &#x017F;ehn,</l><lb/>
            <l>Zu beifallslü&#x017F;tern, um &#x017F;ie zu verachten,</l><lb/>
            <l>Zu Hochgeboren, um &#x017F;ie zu ver&#x017F;tehn:</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="25">
            <l>Will&#x017F;t Du durch bunte Glä&#x017F;er &#x017F;ie betrachten,</l><lb/>
            <l>Durch Glä&#x017F;er, die Dir deine Puppen &#x017F;chleifen,</l><lb/>
            <l>Den letzten hellen Blick Dir zu umnachten?</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="26">
            <l>Was half's Dir, ein Paar <hi rendition="#g">Blätter</hi> abzu&#x017F;treifen?</l><lb/>
            <l>Du wir&#x017F;t den Drang der Schöpfung nimmer &#x017F;tillen,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;chneller werden nur die Früchte reifen.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="27">
            <l>Du armer Spielball armer Camarillen!</l><lb/>
            <l>Du konnte&#x017F;t Deiner Zeit die Fahne tragen</l><lb/>
            <l>Und träg&#x017F;t nun ihre Schleppe wider Willen.</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0173] Da ſtehſt Du nun, mit zornigen Geberden, Rathloſer Fürſt, inmitten Deiner Larven, Der Larven, die ſich nie entpuppen werden, Erſchaudernd vor der Wahrheit, vor der ſcharfen, Und wirſt der Gaukler eifriger Mäzen, Die zwiſchen Licht und Finſterniß Dich warfen. Zu ſcheu, der neuen Zeit in's Aug' zu ſehn, Zu beifallslüſtern, um ſie zu verachten, Zu Hochgeboren, um ſie zu verſtehn: Willſt Du durch bunte Gläſer ſie betrachten, Durch Gläſer, die Dir deine Puppen ſchleifen, Den letzten hellen Blick Dir zu umnachten? Was half's Dir, ein Paar Blätter abzuſtreifen? Du wirſt den Drang der Schöpfung nimmer ſtillen, Und ſchneller werden nur die Früchte reifen. Du armer Spielball armer Camarillen! Du konnteſt Deiner Zeit die Fahne tragen Und trägſt nun ihre Schleppe wider Willen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte02_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte02_1843/173
Zitationshilfe: [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 2. Zürich u. a., 1843, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte02_1843/173>, abgerufen am 21.11.2024.