Heyden, Friedrich von: Der graue John. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–231. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Mit diesen Worten und nach einem herzlichen Gruße war der räthselhafte Unbekannte im Dickicht verschwunden. Es ist leicht anzunehmen, daß die jungen Deutschen im Laufe der Woche sich in allen möglichen Vermuthungen über die eigentlichen Verhältnisse des räthselhaften Williams erschöpften und an allen öffentlichen Orten umherspähten, in der Absicht, den Geheimnißvollen in dieser oder jener Gestalt zu entdecken. Es war aber Alles vergeblich, und die aufs Aeußerste Gespannten büßten Ruhe und Behagen ein. Sie waren indeß nicht gleichen Sinnes. Eduard, der Aeltere, schwelgte in dem Bewußtsein, endlich einmal aus der Flachheit des Lebens in ein rein romantisches Verhältniß geführt zu sein, welches seinem Verstande etwas zu rathen, seiner Phantasie etwas auszubilden gewähre. Heinrich traute dagegen dem Unbekannten nicht recht. Ihm erschien es, als bedürfe ein unbefleckter Ruf und ein redlicher Lebenswandel solcher Heimlichkeit nicht, und er winkte danach hin, daß es besser sei, sich mit einem Menschen nicht ferner einzulassen, der ein höchst geschickter Gauner, oder ein Abenteurer sein könne. Er hielt es sogar nicht für überflüssig, einigen Bekannten von dem ungewöhnlichen Zusammentreffen mit Williams, von seinem seltsamen Wesen und von seiner tiefen Verborgenheit in London Kenntniß zu geben. Der Erzähler wurde hiebei aber lebhaft daran erinnert, daß er nicht in Deutschland, Mit diesen Worten und nach einem herzlichen Gruße war der räthselhafte Unbekannte im Dickicht verschwunden. Es ist leicht anzunehmen, daß die jungen Deutschen im Laufe der Woche sich in allen möglichen Vermuthungen über die eigentlichen Verhältnisse des räthselhaften Williams erschöpften und an allen öffentlichen Orten umherspähten, in der Absicht, den Geheimnißvollen in dieser oder jener Gestalt zu entdecken. Es war aber Alles vergeblich, und die aufs Aeußerste Gespannten büßten Ruhe und Behagen ein. Sie waren indeß nicht gleichen Sinnes. Eduard, der Aeltere, schwelgte in dem Bewußtsein, endlich einmal aus der Flachheit des Lebens in ein rein romantisches Verhältniß geführt zu sein, welches seinem Verstande etwas zu rathen, seiner Phantasie etwas auszubilden gewähre. Heinrich traute dagegen dem Unbekannten nicht recht. Ihm erschien es, als bedürfe ein unbefleckter Ruf und ein redlicher Lebenswandel solcher Heimlichkeit nicht, und er winkte danach hin, daß es besser sei, sich mit einem Menschen nicht ferner einzulassen, der ein höchst geschickter Gauner, oder ein Abenteurer sein könne. Er hielt es sogar nicht für überflüssig, einigen Bekannten von dem ungewöhnlichen Zusammentreffen mit Williams, von seinem seltsamen Wesen und von seiner tiefen Verborgenheit in London Kenntniß zu geben. Der Erzähler wurde hiebei aber lebhaft daran erinnert, daß er nicht in Deutschland, <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0027"/> <p>Mit diesen Worten und nach einem herzlichen Gruße war der räthselhafte Unbekannte im Dickicht verschwunden.</p><lb/> <p>Es ist leicht anzunehmen, daß die jungen Deutschen im Laufe der Woche sich in allen möglichen Vermuthungen über die eigentlichen Verhältnisse des räthselhaften Williams erschöpften und an allen öffentlichen Orten umherspähten, in der Absicht, den Geheimnißvollen in dieser oder jener Gestalt zu entdecken. Es war aber Alles vergeblich, und die aufs Aeußerste Gespannten büßten Ruhe und Behagen ein. Sie waren indeß nicht gleichen Sinnes. Eduard, der Aeltere, schwelgte in dem Bewußtsein, endlich einmal aus der Flachheit des Lebens in ein rein romantisches Verhältniß geführt zu sein, welches seinem Verstande etwas zu rathen, seiner Phantasie etwas auszubilden gewähre. Heinrich traute dagegen dem Unbekannten nicht recht. Ihm erschien es, als bedürfe ein unbefleckter Ruf und ein redlicher Lebenswandel solcher Heimlichkeit nicht, und er winkte danach hin, daß es besser sei, sich mit einem Menschen nicht ferner einzulassen, der ein höchst geschickter Gauner, oder ein Abenteurer sein könne. Er hielt es sogar nicht für überflüssig, einigen Bekannten von dem ungewöhnlichen Zusammentreffen mit Williams, von seinem seltsamen Wesen und von seiner tiefen Verborgenheit in London Kenntniß zu geben. Der Erzähler wurde hiebei aber lebhaft daran erinnert, daß er nicht in Deutschland,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0027]
Mit diesen Worten und nach einem herzlichen Gruße war der räthselhafte Unbekannte im Dickicht verschwunden.
Es ist leicht anzunehmen, daß die jungen Deutschen im Laufe der Woche sich in allen möglichen Vermuthungen über die eigentlichen Verhältnisse des räthselhaften Williams erschöpften und an allen öffentlichen Orten umherspähten, in der Absicht, den Geheimnißvollen in dieser oder jener Gestalt zu entdecken. Es war aber Alles vergeblich, und die aufs Aeußerste Gespannten büßten Ruhe und Behagen ein. Sie waren indeß nicht gleichen Sinnes. Eduard, der Aeltere, schwelgte in dem Bewußtsein, endlich einmal aus der Flachheit des Lebens in ein rein romantisches Verhältniß geführt zu sein, welches seinem Verstande etwas zu rathen, seiner Phantasie etwas auszubilden gewähre. Heinrich traute dagegen dem Unbekannten nicht recht. Ihm erschien es, als bedürfe ein unbefleckter Ruf und ein redlicher Lebenswandel solcher Heimlichkeit nicht, und er winkte danach hin, daß es besser sei, sich mit einem Menschen nicht ferner einzulassen, der ein höchst geschickter Gauner, oder ein Abenteurer sein könne. Er hielt es sogar nicht für überflüssig, einigen Bekannten von dem ungewöhnlichen Zusammentreffen mit Williams, von seinem seltsamen Wesen und von seiner tiefen Verborgenheit in London Kenntniß zu geben. Der Erzähler wurde hiebei aber lebhaft daran erinnert, daß er nicht in Deutschland,
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