Heyden, Friedrich von: Der graue John. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–231. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Vortheil erreichbar, während sie von der andern seine Menschenverachtung immer höher steigert und seine Gesinnung von Grund aus vergiftet. Indeß ist er nicht geboren, ein Bösewicht zu sein. Bald steht er da, unermeßlich reich und unermeßlich elend. Er sehnt sich nach Liebe, aber er glaubt an keine. Er verlangt nach stillem Glück, aber dem Sünder ist es unerreichbar. -- Einst wandelt er die große Treppe seines prächtigen Hauses herab, um seinen Palankin zu besteigen und sich zu einem schwelgerischen Feste tragen zu lassen. Ein zerlumpter Bettler kniet auf der Marmorstufe und jammert ihn mit englischen Worten um eine Gabe an. Er stößt ihn mit dem Fuße fort und spricht: Hinweg, du Hund! du würdest reich sein wie ich, wenn auch du des Teufels wärest. -- Der Bettler fährt auf bei dem Tone seiner Stimme. Er richtet sich empor, um wie ein gieriger Drache an ihn heran zu springen und ihn bei der Kehle zu packen. -- Hab' ich dich endlich, Schurke! ruft er; gieb mir mein Geld heraus! -- Aber diese Anstrengung hat die letzte Kraft des ausgehungerten, durch Krankheit verzehrten Jammerbildes erschöpft, es sinkt todt zu Robert's Füßen, und -- dieser erkennt mit Schauder seinen ehemaligen Principal. -- Die Hölle scheint in diesem Augenblicke angelweit vor ihm aufzugehen. Er läßt den Todten in sein Haus bringen, Aerzte herbeirufen, und -- wiewohl erfolglos -- die Mittel zu seiner Wiederbelebung anwenden. -- Die Geschichte Vortheil erreichbar, während sie von der andern seine Menschenverachtung immer höher steigert und seine Gesinnung von Grund aus vergiftet. Indeß ist er nicht geboren, ein Bösewicht zu sein. Bald steht er da, unermeßlich reich und unermeßlich elend. Er sehnt sich nach Liebe, aber er glaubt an keine. Er verlangt nach stillem Glück, aber dem Sünder ist es unerreichbar. — Einst wandelt er die große Treppe seines prächtigen Hauses herab, um seinen Palankin zu besteigen und sich zu einem schwelgerischen Feste tragen zu lassen. Ein zerlumpter Bettler kniet auf der Marmorstufe und jammert ihn mit englischen Worten um eine Gabe an. Er stößt ihn mit dem Fuße fort und spricht: Hinweg, du Hund! du würdest reich sein wie ich, wenn auch du des Teufels wärest. — Der Bettler fährt auf bei dem Tone seiner Stimme. Er richtet sich empor, um wie ein gieriger Drache an ihn heran zu springen und ihn bei der Kehle zu packen. — Hab' ich dich endlich, Schurke! ruft er; gieb mir mein Geld heraus! — Aber diese Anstrengung hat die letzte Kraft des ausgehungerten, durch Krankheit verzehrten Jammerbildes erschöpft, es sinkt todt zu Robert's Füßen, und — dieser erkennt mit Schauder seinen ehemaligen Principal. — Die Hölle scheint in diesem Augenblicke angelweit vor ihm aufzugehen. Er läßt den Todten in sein Haus bringen, Aerzte herbeirufen, und — wiewohl erfolglos — die Mittel zu seiner Wiederbelebung anwenden. — Die Geschichte <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0037"/> Vortheil erreichbar, während sie von der andern seine Menschenverachtung immer höher steigert und seine Gesinnung von Grund aus vergiftet. Indeß ist er nicht geboren, ein Bösewicht zu sein. Bald steht er da, unermeßlich reich und unermeßlich elend. Er sehnt sich nach Liebe, aber er glaubt an keine. Er verlangt nach stillem Glück, aber dem Sünder ist es unerreichbar. — Einst wandelt er die große Treppe seines prächtigen Hauses herab, um seinen Palankin zu besteigen und sich zu einem schwelgerischen Feste tragen zu lassen. Ein zerlumpter Bettler kniet auf der Marmorstufe und jammert ihn mit englischen Worten um eine Gabe an. Er stößt ihn mit dem Fuße fort und spricht: Hinweg, du Hund! du würdest reich sein wie ich, wenn auch du des Teufels wärest. — Der Bettler fährt auf bei dem Tone seiner Stimme. Er richtet sich empor, um wie ein gieriger Drache an ihn heran zu springen und ihn bei der Kehle zu packen. — Hab' ich dich endlich, Schurke! ruft er; gieb mir mein Geld heraus! — Aber diese Anstrengung hat die letzte Kraft des ausgehungerten, durch Krankheit verzehrten Jammerbildes erschöpft, es sinkt todt zu Robert's Füßen, und — dieser erkennt mit Schauder seinen ehemaligen Principal. — Die Hölle scheint in diesem Augenblicke angelweit vor ihm aufzugehen. Er läßt den Todten in sein Haus bringen, Aerzte herbeirufen, und — wiewohl erfolglos — die Mittel zu seiner Wiederbelebung anwenden. — Die Geschichte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0037]
Vortheil erreichbar, während sie von der andern seine Menschenverachtung immer höher steigert und seine Gesinnung von Grund aus vergiftet. Indeß ist er nicht geboren, ein Bösewicht zu sein. Bald steht er da, unermeßlich reich und unermeßlich elend. Er sehnt sich nach Liebe, aber er glaubt an keine. Er verlangt nach stillem Glück, aber dem Sünder ist es unerreichbar. — Einst wandelt er die große Treppe seines prächtigen Hauses herab, um seinen Palankin zu besteigen und sich zu einem schwelgerischen Feste tragen zu lassen. Ein zerlumpter Bettler kniet auf der Marmorstufe und jammert ihn mit englischen Worten um eine Gabe an. Er stößt ihn mit dem Fuße fort und spricht: Hinweg, du Hund! du würdest reich sein wie ich, wenn auch du des Teufels wärest. — Der Bettler fährt auf bei dem Tone seiner Stimme. Er richtet sich empor, um wie ein gieriger Drache an ihn heran zu springen und ihn bei der Kehle zu packen. — Hab' ich dich endlich, Schurke! ruft er; gieb mir mein Geld heraus! — Aber diese Anstrengung hat die letzte Kraft des ausgehungerten, durch Krankheit verzehrten Jammerbildes erschöpft, es sinkt todt zu Robert's Füßen, und — dieser erkennt mit Schauder seinen ehemaligen Principal. — Die Hölle scheint in diesem Augenblicke angelweit vor ihm aufzugehen. Er läßt den Todten in sein Haus bringen, Aerzte herbeirufen, und — wiewohl erfolglos — die Mittel zu seiner Wiederbelebung anwenden. — Die Geschichte
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-15T11:12:58Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-15T11:12:58Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |