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Heymann, Lida Gustava: Frauenstimmrecht und Völkerverständigung. Leipzig, 1919 (= Nach dem Weltkrieg. Schriften zur Neuorientierung der auswärtigen Politik, Bd. 9).

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gleich nach Ausbruch des Krieges Lebensmittel nicht etwa beschlag-
nahmten, sondern in unerhörter Menge um jeden Preis auf-
kauften, und dadurch den ersten Anstoß zu den Mißständen gaben,
die später auf dem Gebiet des Lebensmittelmarktes herrschten, und
aus denen wir bis heute noch nicht herausgekommen sind?

Die Ausschaltung notwendiger Lebensmittel aus der Zir-
kulation, das Verderben derselben und die unerhörte Preis-
steigerung sind viel mehr auf die Maßnahme der Militär- und
Zivilbehörden, als auf das Vorgehen der hamsternden Frauen
zurückzuführen. Wenn Männer zu einer Zeit, da sie die volle
Verantwortung für ihr Vaterland und Volk übernommen haben,
so etwas ungestraft tun können, woher nimmt man dann den Mut,
Frauen, die man nicht lehrt, die Verantwortung für solche Dinge
zu tragen, für gleiches Vergehen an den Pranger zu stellen und
ihnen politische Unreife vorzuwerfen? Wir sehen hier sich wieder-
holen, was wir schon so häufig bei wichtigen Vorkommnissen im
Leben der Völker beobachten konnten. Gleiches Vergehen von
Männern und Frauen wird verschieden bewertet, und Frauen
werden für Handlungen zur Verantwortung gezogen, die ihren
Ursprung in den von Männern geschaffenen Einrichtungen haben.

Das beste Mittel, politische Unreife, die tatsächlich bei vielen
Frauen mangels zweckentsprechender Erziehung vorhanden ist, zu
beseitigen, ist, ihnen politische Rechte zu geben. Schwimmer lernt
nur der, der ins Wasser geht. Haben die Frauen das Wahlrecht,
dann werden sie selbst, und weit mehr noch die politischen Parteien,
Sorge tragen, der Masse der Frauen die notwendige, politische
Einsicht zu verschaffen, die ihnen in von Männern allein regierten
Staaten mit aller Gewalt vorenthalten wird. Der Beweis für
diese Behauptung ist in allen Ländern erbracht worden, wo man
den Frauen politische Gleichberechtigung zuerkannte. Jn einigen
Staaten blickt man auf eine 50jährige Ausübung zurück, es handelt
sich also bei dieser Forderung nicht um einen Sprung ins Dunkle,
um etwas noch nicht Dagewesenes, etwas Neues, Unausgeprobtes,
sondern um eine Einrichtung, die sich auf Erfahrungen stützt und

gleich nach Ausbruch des Krieges Lebensmittel nicht etwa beschlag-
nahmten, sondern in unerhörter Menge um jeden Preis auf-
kauften, und dadurch den ersten Anstoß zu den Mißständen gaben,
die später auf dem Gebiet des Lebensmittelmarktes herrschten, und
aus denen wir bis heute noch nicht herausgekommen sind?

Die Ausschaltung notwendiger Lebensmittel aus der Zir-
kulation, das Verderben derselben und die unerhörte Preis-
steigerung sind viel mehr auf die Maßnahme der Militär- und
Zivilbehörden, als auf das Vorgehen der hamsternden Frauen
zurückzuführen. Wenn Männer zu einer Zeit, da sie die volle
Verantwortung für ihr Vaterland und Volk übernommen haben,
so etwas ungestraft tun können, woher nimmt man dann den Mut,
Frauen, die man nicht lehrt, die Verantwortung für solche Dinge
zu tragen, für gleiches Vergehen an den Pranger zu stellen und
ihnen politische Unreife vorzuwerfen? Wir sehen hier sich wieder-
holen, was wir schon so häufig bei wichtigen Vorkommnissen im
Leben der Völker beobachten konnten. Gleiches Vergehen von
Männern und Frauen wird verschieden bewertet, und Frauen
werden für Handlungen zur Verantwortung gezogen, die ihren
Ursprung in den von Männern geschaffenen Einrichtungen haben.

Das beste Mittel, politische Unreife, die tatsächlich bei vielen
Frauen mangels zweckentsprechender Erziehung vorhanden ist, zu
beseitigen, ist, ihnen politische Rechte zu geben. Schwimmer lernt
nur der, der ins Wasser geht. Haben die Frauen das Wahlrecht,
dann werden sie selbst, und weit mehr noch die politischen Parteien,
Sorge tragen, der Masse der Frauen die notwendige, politische
Einsicht zu verschaffen, die ihnen in von Männern allein regierten
Staaten mit aller Gewalt vorenthalten wird. Der Beweis für
diese Behauptung ist in allen Ländern erbracht worden, wo man
den Frauen politische Gleichberechtigung zuerkannte. Jn einigen
Staaten blickt man auf eine 50jährige Ausübung zurück, es handelt
sich also bei dieser Forderung nicht um einen Sprung ins Dunkle,
um etwas noch nicht Dagewesenes, etwas Neues, Unausgeprobtes,
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[24/0023] gleich nach Ausbruch des Krieges Lebensmittel nicht etwa beschlag- nahmten, sondern in unerhörter Menge um jeden Preis auf- kauften, und dadurch den ersten Anstoß zu den Mißständen gaben, die später auf dem Gebiet des Lebensmittelmarktes herrschten, und aus denen wir bis heute noch nicht herausgekommen sind? Die Ausschaltung notwendiger Lebensmittel aus der Zir- kulation, das Verderben derselben und die unerhörte Preis- steigerung sind viel mehr auf die Maßnahme der Militär- und Zivilbehörden, als auf das Vorgehen der hamsternden Frauen zurückzuführen. Wenn Männer zu einer Zeit, da sie die volle Verantwortung für ihr Vaterland und Volk übernommen haben, so etwas ungestraft tun können, woher nimmt man dann den Mut, Frauen, die man nicht lehrt, die Verantwortung für solche Dinge zu tragen, für gleiches Vergehen an den Pranger zu stellen und ihnen politische Unreife vorzuwerfen? Wir sehen hier sich wieder- holen, was wir schon so häufig bei wichtigen Vorkommnissen im Leben der Völker beobachten konnten. Gleiches Vergehen von Männern und Frauen wird verschieden bewertet, und Frauen werden für Handlungen zur Verantwortung gezogen, die ihren Ursprung in den von Männern geschaffenen Einrichtungen haben. Das beste Mittel, politische Unreife, die tatsächlich bei vielen Frauen mangels zweckentsprechender Erziehung vorhanden ist, zu beseitigen, ist, ihnen politische Rechte zu geben. Schwimmer lernt nur der, der ins Wasser geht. Haben die Frauen das Wahlrecht, dann werden sie selbst, und weit mehr noch die politischen Parteien, Sorge tragen, der Masse der Frauen die notwendige, politische Einsicht zu verschaffen, die ihnen in von Männern allein regierten Staaten mit aller Gewalt vorenthalten wird. Der Beweis für diese Behauptung ist in allen Ländern erbracht worden, wo man den Frauen politische Gleichberechtigung zuerkannte. Jn einigen Staaten blickt man auf eine 50jährige Ausübung zurück, es handelt sich also bei dieser Forderung nicht um einen Sprung ins Dunkle, um etwas noch nicht Dagewesenes, etwas Neues, Unausgeprobtes, sondern um eine Einrichtung, die sich auf Erfahrungen stützt und

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-10-19T08:47:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-10-19T08:47:15Z)

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Zitationshilfe: Heymann, Lida Gustava: Frauenstimmrecht und Völkerverständigung. Leipzig, 1919 (= Nach dem Weltkrieg. Schriften zur Neuorientierung der auswärtigen Politik, Bd. 9), S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heymann_voelkerverstaendigung_1919/23>, abgerufen am 24.11.2024.