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Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.

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Die schönen klaren Züge waren schmerzlich überflort;
unter den gesenkten Augenliedern schimmerte es feucht.
Als sie sie aufschlug, sah er die blauen Augen groß
und ernsthaft auf der Landschaft ruhen. Er kannte
schon diesen Blick. Er hatte ihn früher vermieden,
denn er wußte, welche Macht er hatte. Jetzt über¬
ließ er sich ihr zum ersten Mal. Marie! sagte er.
Sie regte sich nicht und sah ihn nicht an. Da er¬
reichte sie die kleine nachdenkliche Freundin. Das Ge¬
spräch ward wieder angeknüpft, während sie die Höhe
von Tivoli erstiegen. Marie aber nahm nicht Theil
daran.

Als sie gegen die erste Dämmerung von Tivoli
aufbrachen, nun heiterer vom Wein, und Theodor
die Damen eben in den Wagen gehoben hatte, sagte
der alte Herr zutraulich zu ihm: Ich steige nicht eher
ein, als bis ich weiß, wann wir Euch wiedersehn,
theurer Sir. Ich habe noch eine kleine Angelegen¬
heit, die mir und uns Allen sehr wichtig ist und die
ich gern mit Euch berathen möchte. Sie betrifft un¬
sern armen Edward. Ich weiß, Ihr kommt am ehe¬
sten, wenn Ihr wißt, daß man auf Euern Beistand
rechnet.

Kommt heute Abend noch, bat die Mutter.

Er versprach es, Als man ihm sein Pferd brachte,
sah er einen ängstlichen Zug auf Mariens Gesicht.
Er saß bald im Bügel, und das muntere Thier leicht

10 *

Die ſchönen klaren Züge waren ſchmerzlich überflort;
unter den geſenkten Augenliedern ſchimmerte es feucht.
Als ſie ſie aufſchlug, ſah er die blauen Augen groß
und ernſthaft auf der Landſchaft ruhen. Er kannte
ſchon dieſen Blick. Er hatte ihn früher vermieden,
denn er wußte, welche Macht er hatte. Jetzt über¬
ließ er ſich ihr zum erſten Mal. Marie! ſagte er.
Sie regte ſich nicht und ſah ihn nicht an. Da er¬
reichte ſie die kleine nachdenkliche Freundin. Das Ge¬
ſpräch ward wieder angeknüpft, während ſie die Höhe
von Tivoli erſtiegen. Marie aber nahm nicht Theil
daran.

Als ſie gegen die erſte Dämmerung von Tivoli
aufbrachen, nun heiterer vom Wein, und Theodor
die Damen eben in den Wagen gehoben hatte, ſagte
der alte Herr zutraulich zu ihm: Ich ſteige nicht eher
ein, als bis ich weiß, wann wir Euch wiederſehn,
theurer Sir. Ich habe noch eine kleine Angelegen¬
heit, die mir und uns Allen ſehr wichtig iſt und die
ich gern mit Euch berathen möchte. Sie betrifft un¬
ſern armen Edward. Ich weiß, Ihr kommt am ehe¬
ſten, wenn Ihr wißt, daß man auf Euern Beiſtand
rechnet.

Kommt heute Abend noch, bat die Mutter.

Er verſprach es, Als man ihm ſein Pferd brachte,
ſah er einen ängſtlichen Zug auf Mariens Geſicht.
Er ſaß bald im Bügel, und das muntere Thier leicht

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[147/0159] Die ſchönen klaren Züge waren ſchmerzlich überflort; unter den geſenkten Augenliedern ſchimmerte es feucht. Als ſie ſie aufſchlug, ſah er die blauen Augen groß und ernſthaft auf der Landſchaft ruhen. Er kannte ſchon dieſen Blick. Er hatte ihn früher vermieden, denn er wußte, welche Macht er hatte. Jetzt über¬ ließ er ſich ihr zum erſten Mal. Marie! ſagte er. Sie regte ſich nicht und ſah ihn nicht an. Da er¬ reichte ſie die kleine nachdenkliche Freundin. Das Ge¬ ſpräch ward wieder angeknüpft, während ſie die Höhe von Tivoli erſtiegen. Marie aber nahm nicht Theil daran. Als ſie gegen die erſte Dämmerung von Tivoli aufbrachen, nun heiterer vom Wein, und Theodor die Damen eben in den Wagen gehoben hatte, ſagte der alte Herr zutraulich zu ihm: Ich ſteige nicht eher ein, als bis ich weiß, wann wir Euch wiederſehn, theurer Sir. Ich habe noch eine kleine Angelegen¬ heit, die mir und uns Allen ſehr wichtig iſt und die ich gern mit Euch berathen möchte. Sie betrifft un¬ ſern armen Edward. Ich weiß, Ihr kommt am ehe¬ ſten, wenn Ihr wißt, daß man auf Euern Beiſtand rechnet. Kommt heute Abend noch, bat die Mutter. Er verſprach es, Als man ihm ſein Pferd brachte, ſah er einen ängſtlichen Zug auf Mariens Geſicht. Er ſaß bald im Bügel, und das muntere Thier leicht 10 *

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Zitationshilfe: Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_novellen_1855/159>, abgerufen am 22.12.2024.