Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.ren von Weichheit, die er seinem Freunde gezeigt, Uebrigens fuhr er fort, ihm vorzulesen, Dichter ren von Weichheit, die er ſeinem Freunde gezeigt, Uebrigens fuhr er fort, ihm vorzuleſen, Dichter <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0176" n="164"/> ren von Weichheit, die er ſeinem Freunde gezeigt,<lb/> vergingen für immer. Er vermied es, ihm die Hand<lb/> zu reichen, er ſprach nie von ſich ſelbſt und ſeinen<lb/> Stimmungen, fragte nie nach Theodors Thun und<lb/> Treiben und ſeinem früheren Leben und nannte ihn<lb/> kaum einmal bei Namen. Doch wehrte er nichts von<lb/> Theodors Seite ab, nicht ſein häufiges Kommen, nicht<lb/> die kleinen Erfriſchungen, die er ihm brachte. Nur<lb/> einmal, als er in einem Körbchen Früchte ſah unter<lb/> den erſten Veilchen, mit jener Aufmerkſamkeit geord¬<lb/> net, wie ſie nur eine Frauenhand ſolchen Dingen zu¬<lb/> wendet, ſtellte er das Geſchenk kalt und ohne ein<lb/> Wort zu ſagen auf den Sims des Kamins neben<lb/> jene unſaubern Figürchen. Theodor ſchwieg; aber als<lb/> er ging, nahm er den Korb zu ſich, wie er ihn ge¬<lb/> bracht hatte.</p><lb/> <p>Uebrigens fuhr er fort, ihm vorzuleſen, Dichter<lb/> der Alten, Stücke aus Dante und Taſſo, endlich auch<lb/> aus Macchiavelli. Es fiel ihm auf, als ſie auf po¬<lb/> litiſche Dinge zu reden kamen, daß Bianchi ſich mit<lb/> Heftigkeit zu tyranniſchen Grundſätzen bekannte, wie<lb/> Alle thun, die an ſich wenig Freude haben und die<lb/> Menſchen verachten. Sie ſtritten dann leidenſchaft¬<lb/> lich und unfruchtbar. Um ſo näher begegneten ſich<lb/> ihre Meinungen und Gefühle, ſobald es ſich um künſt¬<lb/> leriſche Dinge handelte. Bianchi konnte nun ſchon<lb/> wieder am Stock ſich bis zum Tiſche ſchleppen und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [164/0176]
ren von Weichheit, die er ſeinem Freunde gezeigt,
vergingen für immer. Er vermied es, ihm die Hand
zu reichen, er ſprach nie von ſich ſelbſt und ſeinen
Stimmungen, fragte nie nach Theodors Thun und
Treiben und ſeinem früheren Leben und nannte ihn
kaum einmal bei Namen. Doch wehrte er nichts von
Theodors Seite ab, nicht ſein häufiges Kommen, nicht
die kleinen Erfriſchungen, die er ihm brachte. Nur
einmal, als er in einem Körbchen Früchte ſah unter
den erſten Veilchen, mit jener Aufmerkſamkeit geord¬
net, wie ſie nur eine Frauenhand ſolchen Dingen zu¬
wendet, ſtellte er das Geſchenk kalt und ohne ein
Wort zu ſagen auf den Sims des Kamins neben
jene unſaubern Figürchen. Theodor ſchwieg; aber als
er ging, nahm er den Korb zu ſich, wie er ihn ge¬
bracht hatte.
Uebrigens fuhr er fort, ihm vorzuleſen, Dichter
der Alten, Stücke aus Dante und Taſſo, endlich auch
aus Macchiavelli. Es fiel ihm auf, als ſie auf po¬
litiſche Dinge zu reden kamen, daß Bianchi ſich mit
Heftigkeit zu tyranniſchen Grundſätzen bekannte, wie
Alle thun, die an ſich wenig Freude haben und die
Menſchen verachten. Sie ſtritten dann leidenſchaft¬
lich und unfruchtbar. Um ſo näher begegneten ſich
ihre Meinungen und Gefühle, ſobald es ſich um künſt¬
leriſche Dinge handelte. Bianchi konnte nun ſchon
wieder am Stock ſich bis zum Tiſche ſchleppen und
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