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Heyse, Paul: Der Weinhüter von Meran. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 173–319. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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überlief mich eiskalt, und ich dachte wahrhaftig einen Augenblick, wie ich das arme händeringende Weib vor mir auf der Erde liegen sah: Das Beste wär', du gingest mit ihr auf und davon, und wo's recht jäh in einen Abgrund hinunterschießt, drücktet ihr die Augen ein und spränget geradewegs in die Hölle. Hernach wurde ich freilich für meinen Part wieder ruhig; ich überlegte Alles noch einmal und blieb zuletzt dabei: Es kann nicht sein! Aber das arme Weib war nicht damit zu getrösten. Sie verlangte nicht mehr zu sterben, da's eine doppelte Sünde wär' wegen des Kindes, aber nach Meran zurück, und hier müsse sich's entscheiden. Mir selbst war's ein saurer Gedanke; ich wußte wohl, daß es ohne Lärm hier zu Hause nicht abgehen würde. Aber da die Moidi immer verwirrter aus den Äugen schaute, zudem auch die Bäuerin was Unrechts witterte und mir antrug, die Schwester wegzuschicken, mich aber zu behalten, da war schon nichts Anderes zu machen, als unser Bündel zu schnüren und den harten Bußweg anzutreten.

Ich will Sie nicht damit langweilen, Hochwürden, wie jämmerlich uns unterwegs zu Muth war, wenn wir an so manche Stelle kamen, die uns vor sechs Monaten angelacht hatte, und wo nun das arme Weib in jedem Wind Stimmen zu hören glaubte, die sie anklagten und verdammten. Wenn wir Sünde gethan hatten, daß wir ohne Jemand zu fragen und ohne den Segen der Kirche als Mann und Frau in

überlief mich eiskalt, und ich dachte wahrhaftig einen Augenblick, wie ich das arme händeringende Weib vor mir auf der Erde liegen sah: Das Beste wär', du gingest mit ihr auf und davon, und wo's recht jäh in einen Abgrund hinunterschießt, drücktet ihr die Augen ein und spränget geradewegs in die Hölle. Hernach wurde ich freilich für meinen Part wieder ruhig; ich überlegte Alles noch einmal und blieb zuletzt dabei: Es kann nicht sein! Aber das arme Weib war nicht damit zu getrösten. Sie verlangte nicht mehr zu sterben, da's eine doppelte Sünde wär' wegen des Kindes, aber nach Meran zurück, und hier müsse sich's entscheiden. Mir selbst war's ein saurer Gedanke; ich wußte wohl, daß es ohne Lärm hier zu Hause nicht abgehen würde. Aber da die Moidi immer verwirrter aus den Äugen schaute, zudem auch die Bäuerin was Unrechts witterte und mir antrug, die Schwester wegzuschicken, mich aber zu behalten, da war schon nichts Anderes zu machen, als unser Bündel zu schnüren und den harten Bußweg anzutreten.

Ich will Sie nicht damit langweilen, Hochwürden, wie jämmerlich uns unterwegs zu Muth war, wenn wir an so manche Stelle kamen, die uns vor sechs Monaten angelacht hatte, und wo nun das arme Weib in jedem Wind Stimmen zu hören glaubte, die sie anklagten und verdammten. Wenn wir Sünde gethan hatten, daß wir ohne Jemand zu fragen und ohne den Segen der Kirche als Mann und Frau in

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:27:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:27:07Z)

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Zitationshilfe: Heyse, Paul: Der Weinhüter von Meran. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 173–319. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_weinhueter_1910/118>, abgerufen am 21.11.2024.