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Heyse, Paul: Der Weinhüter von Meran. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 173–319. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Gewissen habe, wie Einige behaupteten, lassen wir dahingestellt. Thatsache war, daß die "wüste Moidi", anstatt ihr Schicksal mit leidlicher Miene zu ertragen, auf die lächerlichsten Mittel verfiel, ihm abzuhelfen und durch allerlei Putz und Tand, mit dem sie sich, ganz gegen den Brauch, behängte, ihre Person ansehnlicher und liebenswürdiger zu machen. Was sie irgend an Geld zusammenbringen konnte, nicht immer auf die redlichste Weise, verwandte sie eilig dazu, sich bunte Bänder oder gemachte Blumen zu verschaffen, mit denen sie ihr wolliges Haar durchflocht und so, zum großen Aergerniß der Alten und Gespött der Jungen, zuweilen selbst am Sonntag in der Kirche erschien, ungeachtet ihr die Mutter, so oft sie ihr so begegnete, den Putz zornig abriß und sie mit Hunger und Schlägen dafür büßen ließ.

Ein wenig besserte sich dieser traurige Hang, als sie in die reiferen Jahre kam und sich das Gefühl für den Spott der jungen Bursche in ihr schärfte. Zum Unglück aber löste eine noch unheilvollere Thorheit jene erste kindische ab, und sie ließ ihr, freilich mit besserer Entschuldigung, noch haltloser den Zügel schießen. Sie warf nämlich ihre Augen unter den vielen Burschen, die mit ihren Brüdern verkehrten, gerade auf den Schönsten, der sie von früh an mit der unverhohlensten Abneigung behandelt hatte. Das war an Leib und Seele ein Bursch vom guten alten Meraner Schlag, ein etwas träges Gemüth in einem starken, herrlich gebildeten

Gewissen habe, wie Einige behaupteten, lassen wir dahingestellt. Thatsache war, daß die „wüste Moidi“, anstatt ihr Schicksal mit leidlicher Miene zu ertragen, auf die lächerlichsten Mittel verfiel, ihm abzuhelfen und durch allerlei Putz und Tand, mit dem sie sich, ganz gegen den Brauch, behängte, ihre Person ansehnlicher und liebenswürdiger zu machen. Was sie irgend an Geld zusammenbringen konnte, nicht immer auf die redlichste Weise, verwandte sie eilig dazu, sich bunte Bänder oder gemachte Blumen zu verschaffen, mit denen sie ihr wolliges Haar durchflocht und so, zum großen Aergerniß der Alten und Gespött der Jungen, zuweilen selbst am Sonntag in der Kirche erschien, ungeachtet ihr die Mutter, so oft sie ihr so begegnete, den Putz zornig abriß und sie mit Hunger und Schlägen dafür büßen ließ.

Ein wenig besserte sich dieser traurige Hang, als sie in die reiferen Jahre kam und sich das Gefühl für den Spott der jungen Bursche in ihr schärfte. Zum Unglück aber löste eine noch unheilvollere Thorheit jene erste kindische ab, und sie ließ ihr, freilich mit besserer Entschuldigung, noch haltloser den Zügel schießen. Sie warf nämlich ihre Augen unter den vielen Burschen, die mit ihren Brüdern verkehrten, gerade auf den Schönsten, der sie von früh an mit der unverhohlensten Abneigung behandelt hatte. Das war an Leib und Seele ein Bursch vom guten alten Meraner Schlag, ein etwas träges Gemüth in einem starken, herrlich gebildeten

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:27:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Heyse, Paul: Der Weinhüter von Meran. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 173–319. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_weinhueter_1910/30>, abgerufen am 21.11.2024.